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Ferdinand Piëch (78) und Michael Häupl (65) kamen ungefähr zur gleichen Zeit an die Macht.

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Auf den ersten Blick hat Ferdinand Piëch, der scheidende Aufsichtsratsvorsitzende der Volkswagen AG, wenig mit dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl gemein. Piëch ist 78 und ziemlich konservativ, Häupl ein 65-jähriger Sozialdemokrat, der nie in der Privatwirtschaft tätig war.

Aber beide sind ungefähr zur gleichen Zeit - vor mehr als zwei Jahrzehnten - in Positionen der Macht gekommen: Piëch wurde 1993 Vorstandsvorsitzender von VW, wo er 2002 in den Aufsichtsrat wechselte; Häupl ist seit 1994 Wiener Bürgermeister.

Und beide haben es verabsäumt, rechtzeitig zurückzutreten und für eine geordnete Nachfolge zu sorgen.

Führungskrise bei VW

Bei Piëch wird der Abschied nunmehr vollzogen, wenn auch unfreiwillig. Durch seinen Versuch, den von ihm selbst eingesetzten Vorstandschef Martin Winterkorn abzusetzen, hat der bisher allmächtige Familienpatriarch eine Führungskrise heraufbeschworen, die ihm die anderen Aufsichtsratsmitglieder nicht verzeihen – auch wenn seine Kritik an der Unternehmensstrategie berechtigt sein mag.

Piëchs Niederlage wird an der Börse begrüßt; aber der Konzern wäre besser daran gewesen, wenn Piëch schon vor ein paar Jahren eine geordnete Übergabe eingeleitet hätte. Er hat sich zu lange an die Macht geklammert.

Verknöcherte Stadtpartei

Das gilt auch für Häupl. Bei allen Leistungen der vergangenen 20 Jahre hat Häupl in seinem fünften Wahlkampf einiges von seinem früheren politischen Gespür verloren. Er herrscht über eine verknöcherte Stadtpartei, die außer der Verteidigung ihrer Macht (Stichwort: verhinderte Wahlrechtsreform) zuletzt wenig vorweisen konnte und die meisten frischen Initiativen den Grünen überließ.

Häupls 22-Arbeitsstunden-Sager in Richtung Lehrer war ebenso deplatziert wie viele andere griesgrämige Ansagen, über die man kaum lachen kann.

"Häupl, wer sonst?", werden nun viele sagen. Aber das liegt vor allem daran, dass er keine besonders starke Mannschaft um sich gesammelt und sich auch nicht um den Aufbau eines Nachfolgers gekümmert hat. Das sind alles Zeichen eines Machtmenschen, der nicht weiß, wann es genug ist.

Häupl-Niedergang nützt Strache

Für Wien ist das eine schlechte Entwicklung. Denn wenn Häupl als Wahlkampf-Ass nicht mehr sticht, wird vor allem Heinz-Christian Straches FPÖ profitieren. Und die hat den Wienern außer Populismus und Hetze nichts zu bieten.

Eine automatische Begrenzung von Amtszeiten – sei es in Unternehmen oder in der Politik – ist rechtlich und demokratiepolitisch fragwürdig. Aber die Funktionsträger sollten selbst wissen, dass sie ein Ablaufdatum haben. Abgehobenheit und Arroganz nehmen nach einiger Zeit bei jedem Politiker und Manager überhand, ihr Urteilsvermögen und ihre Kritikfähigkeit schwinden.

Acht Jahre sind ideal

Acht Jahre in einem Amt – das sind zwei normale Legislaturperioden – sind ideal, das Doppelte die maximale Dauer, die eine Institution erfolgreich geführt werden kann. 20 Jahre und mehr sind jedenfalls zu viel.

Das gilt übrigens auch für Erwin Pröll, der in Niederösterreich noch zwei Jahre länger als Häupl regiert – und seinen Landeshauptmannsessel wohl nur für den in der Hofburg eintauschen wird. (Eric Frey, 30.4.2015)