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Protest gegen den "Religious Freedom Restoration Act" Ende März in Indianapolis, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Indiana.

Foto: REUTERS/Nate Chute

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Das neue Gesetz zur Stärkung der Glaubensfreiheit im US-Bundesstaat Indiana könnte zur Diskriminierung Homosexueller führen, befürchten Kritiker.

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Arnold Schwarzenegger ist sauer. "Ich ärgere mich", schrieb er Anfang April in der "Washington Post". Der Anlass für seine Wut war ein Gesetz, das der US-Bundesstaat Indiana gerade beschlossen hatte und das am 1. Juli in Kraft treten wird: der "Religious Freedom Restoration Act". Die neue Rechtsvorschrift gibt Privatpersonen und Unternehmen ein juristisches Werkzeug in die Hand, um sich gegen vermeintliche Einschränkungen ihrer Glaubensfreiheit zur Wehr zu setzen. Insgesamt haben 17 US-Bundesstaaten 2015 die Einführung oder auch Änderungen und Ergänzungen von bundesstaatlichen Gesetzen zur Glaubensfreiheit auf den Weg gebracht oder auch schon beschlossen.

Konservative Retourkutsche

Die Gesetzgebungsflut ist auch als konservative Retourkutsche für die mittlerweile in den meisten Bundesstaaten legale Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern zu verstehen, schreibt die "New York Times" in einer Analyse. Anlassfälle, die den Konflikt veranschaulichen, gab es in letzter Zeit einige: Ein Konditor im US-Bundesstaat Colorado weigerte sich, eine Hochzeitstorte für ein gleichgeschlechtliches Paar anzufertigen, und berief sich dabei auf seinen Glauben. Ein Gericht verurteilte das Unternehmen wegen Diskriminierung. Der Konditor verteidigte sich mit dem Argument, eine gleichgeschlechtliche Ehe widerspreche seinem Glauben.

Nun argumentieren Befürworter der neuen Gesetzgebung, dass Unternehmen und Personen nicht dazu gezwungen werden können, gegen ihren persönlichen Glauben zu agieren. Vertreter der LGBT-Bewegung, die sich für die rechtliche Gleichstellung unabhängig von der sexuellen Orientierung starkmachen, sehen mit den neuen Gesetzen zur Glaubensfreiheit Tür und Tor für Diskriminierung geöffnet.

John Stewart in der "Daily Show" über die neuen Gesetze in Indiana.
Comedy Central

Grundsätzlich gibt es schon seit 1993 auf gesamtstaatlicher Ebene den "Religious Freedom Restoration Act" – ein Gesetz, das mit großer Mehrheit von Senat und Repräsentantenhaus beschlossen und vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton unterzeichnet wurde. Intention des Gesetzes war es, die Glaubensfreiheit der US-Bürger vor Eingriffen des Staates zu schützen. Der Unterschied zu den nun auf Ebene der Bundesstaaten beschlossenen Gesetzen liegt darin, dass Einzelpersonen und Unternehmen ein präziseres Werkzeug zur Verfügung gestellt bekommen, um ihre religiöse Anschauung gegen vermeintliche Angriffe zu verteidigen.

Noch ist nicht klar, zu welchen Ergebnissen die neuen Gesetze in den einzelnen Bundesstaaten führen werden. Zu unterschiedlich sind die Details der einzelnen Gesetze in den Bundesstaaten, und es gibt noch keine Erfahrungen in der Rechtsprechung, auf die zurückgegriffen werden kann.

Kritik von Apple-Chef und NBA

Die Wogen gehen allerdings auf beiden Seiten hoch. So hat sich beispielsweise auch Apple-Chef Tim Cook in der "Washington Post" dezidiert gegen die neuen Gesetze zur Glaubensfreiheit ausgesprochen. Cook, der offen homosexuell lebt, meint, die neuen Rechtsvorschriften ermöglichten Diskriminierung und schadeten auch der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Auch der nationale Basketball-Verband NBA (National Basketball Association) hat ein Statement gegen die neue Gesetzgebung veröffentlicht.

Rubio: Niemanden zwingen, gegen Überzeugung zu handeln

Das Thema Diskriminierung und Wahrung der Glaubensfreiheit scheint auch Potenzial als Thema für den Präsidentschaftswahlkampf im kommenden Jahr zu haben. Bisher haben sich die republikanischen Kandidaten Marco Rubio und Ted Cruz als Unterstützer der neuen Gesetze zur Glaubensfreiheit hervorgetan. Marco Rubio, derzeit Senator aus Florida, sagte dem TV-Sender Fox, dass niemand gezwungen sein sollte, gegen seine religiöse Überzeugung zu handeln. Rubio betonte gleichzeitig, dass das Gesetz nicht dazu gebraucht werden solle, jemandem eine Dienstleistung aufgrund seiner sexuellen Orientierung zu verweigern. Der texanische Senator Ted Cruz lobte den Gouverneur von Indiana, Mike Pence, für dessen Unterstützung der Glaubensfreiheit, besonders wenn diese unter Druck gerate. Die Demokratin Hillary Clinton, die ebenfalls Präsidentin werden will, hat sich gegen die neue Gesetzgebung in Indiana ausgesprochen.

Zwickmühle der Republikaner

Die Republikaner befinden sich beim Thema rechtlicher Gleichstellung Homosexueller in einer Zwickmühle. Die Einstellung der Wählerinnen und Wähler zu diesem Thema hat sich im vergangenen Jahrzehnt massiv geändert. Laut einer Gallup-Umfrage aus dem Mai 2014 befürworten 55 Prozent aller Wähler die Möglichkeit der gleichgeschlechtlichen Ehe, bei jüngeren Wählerinnen und Wählern fällt die Zustimmung noch höher aus.

Junge Republikaner für Gleichstellung

Während die Mehrheit der republikanischen Wähler eine Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Ehe aber weiterhin ablehnt, sprechen sich die unter 30-jährigen Parteigänger für die Gleichstellung aus. Republikanische Kandidaten müssen also den Spagat schaffen, die konservative Wählerbasis zu befriedigen, aber auch junge Wähler nicht zu verschrecken.

Schwarzenegger, der ehemalige Gouverneur Kaliforniens, schlägt seiner Partei in der "Washington Post" Folgendes vor: "Wenn die republikanische Partei auch kommende Generationen mit ihren Ideen und Lösungen ansprechen will, müssen wir eine inklusive und offene Partei sein, keine Partei der Teilung. Wir müssen die Partei des schlanken Staates sein und nicht die Partei, die versucht, Liebe zu verrechtlichen." (Michaela Kampl, derStandard.at, 27.4.2015)