"Österreichische Zeitung" vom 30. April 1945.

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"Neues Österreich" vom 28. April 1945.

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"Neues Österreich" vom 30. April 1945.

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Es war eine kurze Periode, in der Wien ohne Zeitung blieb. Schon am 15. April – wenige Tage nachdem die Rote Armee die Kampfhandlungen in der Stadt für beendet erklärt hatte – erschien die erste Nummer der "Österreichischen Zeitung". Herausgegeben wurde die "Frontzeitung für die Bevölkerung Österreichs" von der 3. Ukrainischen Front der Roten Armee. Inhaltlich war es eine Mischung aus Befehl und Information: Die vierte Ausgabe vom 30. April titelte mit der Unabhängigkeitserklärung neben dem Tagesbefehl von Josef Stalin. Gut eine Woche zuvor war in Wien der letzte "Völkischer Beobachter"
erschienen.

Medien für politische Zwecke zu verwenden, das war einer der Grundzüge des Nationalsozialismus, einer der Grundpfeiler jener NS-Volksgemeinschaft, die Krieg, Verfolgung und Massenmord ermöglichten. Umso schwieriger gestaltete sich nach 1945 der mediale Neuanfang. Die Alliierten setzten auf neue Printorgane – einige davon sind noch heute am Medienmarkt – und auf Radiostationen. Sie dienten nicht nur der Information, sondern auch der politischen Agenda, Demokratisierungs- wie Entnazifizierungsbemühungen. Mit dem "Neuen Österreich" versuchten die Sowjets auch eine Zeitung unter Einbindung aller Parteien zu gründen – Höchstauflage: 360.000 Stück.

Doch auch die anderen Besatzungsmächte wurden aktiv: Der "Wiener Kurier"der heutige "Kurier" – ist eine Gründung der US-Amerikaner und erschien vor allem in der Anfangszeit höchst erfolgreich ab August 1945. Die Briten verlegten ab September "Die Weltpresse" und die Franzosen – wenn auch nur für kurze Zeit – den "Wiener Montag". Zusätzlich setzten vor allem die US-Amerikaner auf regionale Medien, waren an den Gründungen von "Oberösterreichische Nachrichten", "Salzburger Nachrichten"
und "Tiroler Tageszeitung" beteiligt – alle drei Medien gingen aber noch 1945 in private Hand über, die anderen Publikationen sukzessive später. Doch auch bekannte Medienmarken wurden wieder verlegt: Ab 21. September kam die staatliche "Wiener Zeitung" wieder auf den Markt. "Die Presse" erschien ab 1946 unter der Regie von Ernst Molden – der schon bis 1939 deren Chefredakteur gewesen war. Ab 1948 kehrte die "Kleine Zeitung" zurück – die unter NS-Herrschaft gleichgeschaltet war. Zusätzlich zu den Organen der Alliierten und ersten unabhängigen Zeitungen traten vor allem die Parteien – wie schon in der Zwischenkriegszeit – sowohl regional als auch überregional als Herausgeber auf. Die Sozialdemokraten veröffentlichten wieder die "Arbeiter-Zeitung", die ÖVP gab das "Kleine Volksblatt" heraus und die KPÖ die "Österreichische Volksstimme". Die dominanten Parteizeitungen konnten vor allem in den Anfangsjahren der Republik hohe Marktanteile verzeichnen – ihre politische wie mediale Herausgeberrolle ging aber zugunsten neuer Boulevardprodukte wie des "Bild-Telegraphs" oder später der "Kronen Zeitung" ab den späten 1950er-Jahren zurück.

Kontinuität und Bruch

Allen Neu- und Wiedergründungen zum Trotz: Einen Bruch bedeutete die Gründung der Zweiten Republik auch für die heimische Medienlandschaft nicht. "Es gab final dennoch erhebliche Kontinuitäten auf der personellen Ebene", so Fritz Hausjell, Professor für Kommunikationswissenschaften an der Uni Wien. Auch revisionistische Blätter versuchten direkt an den Nationalsozialismus anzuknüpfen und wurden immer wieder von den Alliierten verboten.

Neben den Printprodukten setzten die Alliierten vor allem auf das elektrische Medium Rundfunk. In allen vier Besatzungszonen sendeten Radiostationen, in der sowjetischen Zone die Ravag, in der US-amerikanischen der Sender Rot-Weiß-Rot. Radio wurde im deutschsprachigen Raum erst durch die NS-Herrschaft zum Massenmedium: "Durch den eklatanten Missbrauch des neuen Mediums war man sich bewusst, dass man hier sorgsam umgehen musste", erklärt Hausjell.

Der US-Sender Rot-Weiß-Rot setzte jedoch auch auf Satire und heimische Kabarettisten. Aufgezeichnet wurden diese Sendungen unter anderem im damaligen Bürgertheater – einer jener Bühnen, die dem Theatersterben zum Opfer fallen sollten. In dem Bau im dritten Bezirk wurden in den 1950er-Jahren Radiosendungen aufgenommen. Das Theater wurde 1960 abgerissen, in dem Nachfolgebau ist heute der Sitz des STANDARD. (Sebastian Pumberger, DER STANDARD, 27.4.2015)