Zwischen 1989 und 1991 spielte, studierte und surfte Hannes Haid auf Hawaii und stellte Rekorde auf.

Foto: Privat/Hannes Haid

Hannes Haid ist Vorstandsmitglied der Hypo Tirol Bank.

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Innsbruck/Wien - Wenn Hannes Haid darüber spricht, dass er 15 Jahre zu früh geboren worden ist, dann schwingt in seiner sonoren Stimme ein kleiner Anflug von Melancholie mit. "Ob es mir besser ginge, wenn es damals anders gelaufen wäre? Ich bin zufrieden, hab eine wunderbare Familie. Ich möchte nichts missen in meinem Leben", sagt Haid (51).

Rückblick. Juni 1991. Die Detroit Pistons, zweimaliger Meister in der National Basketball Association (NBA), strecken ihre Fühler von Amerika bis über den Alpenhauptkamm nach Innsbruck aus. Haid, eines der größten Basketballtalente, die Österreich je hatte, wird zum Trainingslager eingeladen, es fehlt nur mehr ein Schritt in die NBA. "Das Spielerkontingent des Vereins war ausgeschöpft, man hat mir gesagt, dass ich mit 27 zu alt bin." Blutjunge Basketballer waren im Trend. "Das wäre heute anders."

Licht und Perspektiven

Mit dem Basketballsport hätte der Tiroler nicht in Frühpension gehen können. Auf die Enttäuschung folgten die Perspektiven. Und der Einstieg in den Familienbetrieb in Innsbruck drei Jahre später. Gemeinsam mit dem ältesten Bruder Helmut wurde das Lichthaus Haid in zweiter Generation übernommen. Ein Produktionsbetrieb für Lichtwerbung. Es war kein Kompromiss und auch kein Zwang, "weil ich das wirklich wollte". Ausgehalten hat es Haid aber nur fünf Jahre, "weil ich mich noch verändern wollte, zu unruhig war".

Es war der "Geist der Bewegung", der Hannes Haid umtrieb, ihn lange nicht sesshaft werden lassen sollte. Geboren wurde dieser Geist beim ersten Auslandsstudium an der Universität von New Orleans, zwei Jahre vor dem Fall des Eisernen Vorhangs. Die Trainer des Uni-Teams wurden auf Haid und seine 2,08 Meter Körpergröße aufmerksam, nachdem ihn eine Gruppe amerikanischer Lehrer im Rahmen eines Austauschprogramms in Innsbruck heimlich beim Körbewerfen gefilmt hatte. Die Kassetten wurden nach Louisiana mit heimgebracht. Es wäre schon "lässig, drüben zu spielen", erzählte Haid dem damaligen österreichischen Verbandspräsidenten, der ihm lapidar riet, er solle "sich selbst darum kümmern". Und Haid hat sich gekümmert.

"In Amerika wurdest du in den 80ern als Basketballer aus Europa belächelt." Mit Detlef Schrempf und Uwe Blab gab es zwei deutsche Pioniere, die großen Nachwuchshoffnungen aus der Sowjetunion durften freilich nicht ins Feindesland wechseln. In New Orleans hielt es Haid aber nur ein Jahr. Dass im Paradies Basketball gespielt wird, wusste er nämlich bis dahin nicht. Über einen Spielerkontakt aus Österreich erhielt er ein Stipendium an der Hawaii Pacific University. Ein Abenteuer, das Haid nie bereut hat. Das Meer, die Surferei, die sozialen Kontakte. "Es war die perfekte Lebensphase, um Sport und Ausbildung zu verbinden." Die Uni hatte viele tolle Gastprofessoren, die gern nach Honolulu kamen. "Gelernt haben wir wahnsinnig viel, weil wir höchstens ein Dutzend Studenten pro Seminar waren."

Blocks zum Uni-Rekord

Haid blockierte in nur zwei Jahren für Hawaii 233 Würfe des Gegners, ein Uni-Rekord, der seit 1991 in Stein gemeißelt ist. In den Fächern Marketing und Informatik schloss er ab. Auf dem Festland besuchte Haid Industriemessen für Lichtwerbung, mit der neuesten Technologie in der Tasche kam er nach Hause und nahm die ersten Kunden aus Übersee nach Europa mit. "Damals waren die großen folienbeschrifteten Leuchtwerbungen erst im Kommen. Wir hatten bald einen großen Auftrag von Brunswick für die Beschriftungen der Bowlinghallen."

Aufgewachsen ist Hannes Haid als jüngster von drei Brüdern in einer Leichtathletikfamilie. Wie sein Vater kam Hannes in seiner Jugend zum Hochsprung. Basketball begann er erst mit 16 Jahren, "was mir sehr leid tut. Ich war nie der statische Center. In Amerika wurde ich nicht nur unter dem Korb geparkt, durfte auch am Flügel spielen." Seine Beweglichkeit hat den Talentesuchern imponiert. Detroit war nicht die einzige Chance auf die Millionenliga, eine Woche durfte er auch in Washington bei den Bullets vorspielen. 1988 lief er in einem seiner mehr als 100 Länderspiele für Österreich im Wiener Budocenter gegen die Olympiaauswahl der USA auf, die sich auf die Spiele in Seoul vorbereitete.

Heute ist Basketball global. Auf der ganzen Welt werden Talente entdeckt. In der NBA spielen mehr als 100 Ausländer. "Als Österreicher warst du damals ein Niemand." In Deutschland hätte Haid als Legionär 8000 Mark im Monat, also umgerechnet 4000 Euro, verdienen können. In den USA sind die Gehälter explodiert, junge Spieler werden mittlerweile mit Millionen zugeschüttet. "In Europa kann die Wirtschaft dieses Niveau in der Breite nicht mehr halten. Die Fußballer erleben das bereits."

Richtig abbiegen

Hannes Haid mag es, wenn viel Bewegung drin ist, "und wenn ich viel bewegen kann". Nach einem Abstecher nach Wien zu den meisterlichen Basket Flyers beendete Haid seine Profikarriere mit nicht einmal 30 Jahren.

Als verheirateter Vater einer Tochter und eines Sohnes und in Innsbruck zu Hause, ist der 51-Jährige im Kopf ein Nomade geblieben. Nach dem Auseinandergehen mit dem Bruder im Betrieb, "weil irgendwann der eine links und der andere rechts abbiegen wollte", tauchte Haid in die Welt der Banken ein, er ist Vorstandsmitglied der Hypo Tirol Bank. Wenn er sich nicht mit Aufsichtsrecht beschäftigt, steigt Haid auf seinen Streetstepper, eine Mischung aus Fahrrad und Stepper, und biegt in die Berge ab. Vor wenigen Jahren entdeckte er Unterwasserball, das schont die Knie. Sohn Benedikt ist 17 und 1,94 Meter groß. Er will nach der Schule in den USA Basketball spielen wie einst sein Vater. Für Haid ist es wichtig, dass man "seinen eigenen Stolz entwickelt. Denn nichts ist schlimmer, als wenn einem im Leben alles vorgekaut wird."

Haid schickte als junger Mann Briefe nach Amerika, es gab keine Orientierungshilfe. Über ihn spuckt das Internet fast nichts aus. Dabei traf er unter den Körben keine Jausengegner. Auf Hawaii spielte er gegen Alonzo Mourning und Dikembe Mutombo, damals Studenten und später NBA-Stars. Unvergesslich auch ein Duell mit Magic Johnson, der mit den Los Angeles Lakers auf Hawaii trainierte und wohl auch ein wenig urlaubte. "Das ist lange her." Was er am Ende eines Arbeitstags am liebsten macht? "Ein paar Kilometer Bewegung im Freien. Das lange Sitzen ist mühsam." (Florian Vetter, DER STANDARD, 27.4.2015)