So können Kastenfenster ausschauen: Das Stadthaus in der Hockegasse erhielt 2014 den Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit.

Foto: Kurt Hörbst

In der Hockegasse in Wien-Währing steht das beste Beispiel für eine gestiegene Wertschätzung gegenüber Kastenfenstern. Der einst unscheinbare Gründerzeitbau ist annähernd auf Passivhausstandard saniert worden, und die Holz-Kastenfenster entsprechen nun heutigen Erwartungen an Fenster. "Sie kombinieren eine gründerzeitliche Erscheinung nach außen mit moderner Hochleistung nach innen", sagt Planerin Birgit Kornmüller von Bogenfeld Architektur.

Als Träger des Staatspreises für Architektur und Nachhaltigkeit ist die gelungene Symbiose aus altem und neuem Vorbild im Umgang mit den "guten alten Kastenfenstern". In dem gedämmten und kontrolliert be- und entlüfteten Haus ist straßenseitig eine Kombination von einfach verglasten Flügeln außenliegend sowie erneuerten Flügeln mit Drei-Scheiben-Wärmeschutzverglasung innenseitig umgesetzt worden. Das verbaute System ist vom Passivhausinstitut anerkannt und verspricht beste Wärmedämmwerte.

Aufwertungsziele

Sich auf errechnete Werte zu verlassen, wie das beim Energieausweis vorgesehen ist, davor warnt Karl Hessl von der Bautischlerei Hessl: "Wichtig sind die nach dem Umbau geprüften Werte, weil nur diese einen aussagekräftigen Beleg darstellen." In den Berechnungen des Energieausweises würde die thermische Leistungsfähigkeit des Kastenfenstersystems generell unterschätzt, kritisiert der Spezialist.

Offiziell anerkannte Werte bietet das innovative System des Wiener Komfortfensters, bei dem nur innenseitig getauscht wird. "Das Standardmodell ist mit zweifacher Wärmeschutzverglasung mit vier Millimetern Glasstärke und zwei Dichtungsebenen ausgestattet", erklärt der Entwickler, Architekt Georg Lux. Der U-Wert entspräche damit in etwa jenem der gründerzeitlichen Wände, was bauphysikalisch gut sei.

Betreffend Schallschutz ist ein neues Kastenfenster einem Isolierglasfenster moderner Machart wegen der zwei Ebenen grundsätzlich überlegen, wie Holzfensterproduzenten einhellig betonen. Auch beim Fensterunternehmen Kapo ist man von der Kombination des althergebrachten Systems mit moderner Technik überzeugt, wobei man hier nicht nur die inneren Flügel gegen solche mit Mehrfachisolierverglasung tauscht, sondern gleich alle Teile inklusive Fensterstocks.

Der technische Leiter des Unternehmens, Mario Bertl, beteuert: "Mit den eingebauten Dichtebändern, verdeckt ausgeführten Beschlägen und den Vorzügen moderner Bedienbarkeit lohnt sich der Fenstertausch einfach." Mit einer zweistufigen Kippfunktion macht das Wiener Komfortfenster seinem Namen alle Ehre. "Und Sicherheitsbedenken braucht man da auch im Erdgeschoß nicht zu haben", so Lux.

Eingebaute Sicherheit

Sicherheit auf noch höherem Niveau baut man auf Wunsch bei der traditionsreichen Manufaktur Hessl mit erneuerten Kastenfenstern gleich mit ein. Beim Hotelprojekt Palais Hansen Kempinski war eine durchschusshemmende Verglasung umgesetzt worden. "Die Optik der Denkmalschutzfenster wurde bei der Ausführung in keinerlei Weise beeinträchtigt", versichert Hessl.

Die Abstimmung mit den Denkmalschützern stellt generell einen nicht zu vernachlässigenden Aspekt im Erneuerungsprozess dar. "Wir beschäftigen eigene Planer, die modellhaft zeichnen und den Beteiligten damit eine Vorstellung mitgeben", sagt Bertl, der mit seinem Fensterunternehmen detailgetreu reproduziert. Der Denkmalschutz sei heutzutage zugunsten eines konstruktiven Holzschutzes aber zum Glück kompromissbereit.

Auch der Einbau von Isoliergläsern gilt als weitgehend unproblematisch, wohingegen bei bedeutenderen Bauten mitunter auch der Anstrich oder andere Ausführungsdetails vorgegeben sind. Die Ansprüche der Denkmalpfleger seien von Baustelle zu Baustelle unterschiedlich, und nicht jede Schutzkategorie sei gleich streng. Bei den Wiener Schutzzonen zähle vor allem das Ensemble, weniger das Objekt selbst. Lux sieht hier den Fenstertausch, der innen ansetzt, als Vorteil, und auch ein moderneres Design ließe sich damit machen: "Die Fassade bleibt im Original erhalten, und damit ist man in der Lage, rechtskonform zu sanieren."

Speziell für private Wohnungseigentümer ergeben sich daraus Vorteile. Doch die Methode wird auch angewandt, um einzelne Wohnungen vor Neuvermietungen in einen Neuzustand zu versetzen oder wenn eine Haussanierung noch nicht ansteht.

Keine Schimmelpanik

Mit 2500 bis 4000 Euro pro erneuertes Fenster muss man je nach Methode und Fenster rechnen. Förderungen für Private oder gewerbliche Bauträger gibt es zwar, dennoch stellt sich die Frage, ob sich das lohnt. "Mitunter ist nur die Anschlussfuge undicht oder eine Oberflächenbehandlung notwendig. Eine Sanierung des Bestandsfensters macht dann Sinn", erläutert Hessl.

Die bauxund Forschung und Entwicklung GmbH hat eine Studie über den Erhalt des Originalfensters verfasst und ist zum Schluss gekommen: "Bevor man einen Kompletttausch erwägt, sollte eine Prüfung bezüglich Sanierung und Aufwertung erfolgen." Wo das Gebäude ohnedies eingerüstet wird, ist die Frage aber bald wieder vom Tisch.

Punkto Schimmelgefahr entwarnt Bertl: "Die dicken Wände bei traditionell gebauten Häusern wirken dem grundsätzlich entgegen." Die Lage der Heizkörper oder das Lüftungsverhalten würden mitbedacht. "Wir vermeiden mit unserem System Wärmebrücken und haben das auch mit einem Prototyp über den Zeitraum eines Jahres getestet", betont Lux. Auch ohne Fassadendämmung wie bei dem prämierten Beispiel in der Hockegasse sind Kastenfenster also gut erneuerbar. (Peter Matzanetz, DER STANDARD, 25.4.2015)