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Joachim Gauck, Präsident.

Foto: Reuters/Bensch

Die Drucksache 18/4684 gelangt am Freitag als Tagesordnungspunkt 25 zur Beratung und Beschlussfassung. So nüchtern ist die Ankündigung auf der Website des deutschen Bundestags. Von einem Feilschen oder gar Tauziehen um einzelne Begriffe ist nicht die Rede.

Beides jedoch hatte es in Berlin durchaus gegeben. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier wollten die Bezeichnung "Völkermord" für die Gräueltaten an den Armeniern durch das Osmanische Reich im Jahr 1915 zunächst vermeiden. Beide befürchteten Spannungen im ohnehin nicht immer einfachen Verhältnis zwischen Berlin und Ankara.

"Die Gräuel der Vergangenheit lassen sich nicht auf einen Begriff oder den Streit um einen Begriff reduzieren", hatte Steinmeier noch vor einer Woche erklärt. Im ersten Entwurf der Koalitionsfraktionen tauchte das Wort "Völkermord" noch nicht auf.

Doch daran übten vor allem in der Union viele Abgeordnete massive Kritik. Sie verwiesen dabei auch auf Papst Franziskus, der vom "ersten Genozid des 20. Jahrhunderts" gesprochen hatte. Es folgten Beratungen hinter den Kulissen, auch Bundespräsident Joachim Gauck war einbezogen.

Kurz darauf schwenkte die Regierung um, Steinmeier erklärte in seiner unnachahmlichen Art: Man könne das, was damals geschehen sei, "in dem Begriff des Völkermords zusammenfassen wollen". Merkel ließ klarstellen, dass sie hinter dem neuen Entwurf für die Resolution stehe.

In dieser heißt es nun ein wenig verschachtelt: "Ihr (der Armenier) Schicksal steht beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen, ja der Völkermorde, von denen das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet ist." Und weiter: "Dabei wissen wir um die Einzigartigkeit des Holocaust, für den Deutschland Schuld und Verantwortung trägt."

Gauck: Mitschuld erforschen

Gauck sprach am Donnerstagabend bei einem Gedenkgottesdienst im Berliner Dom. In seiner Formulierung ging er über den geplanten Text der Resolution hinaus: "In diesem Fall müssen auch wir Deutsche insgesamt uns noch der Aufarbeitung stellen, wenn es nämlich um eine Mitverantwortung, unter Umständen sogar Mitschuld, am Völkermord an den Armeniern geht."

Der türkische Premier Ahmet Davutoglu hatte Merkel schon am Dienstag angerufen, um sich zu beschweren. Er erklärte, der Begriff "Völkermord" sei schon aus rechtlichen Gründen nicht zulässig, da dieser Terminus erst nach dem Zweiten Weltkrieg ins Völkerrecht aufgenommen worden sei. Merkel blieb bei ihrer Sicht. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 24.4.2015