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Die Achter, wie Handschellen auch salopp genannt werden, könnten wieder öfter zuschnappen, wenn die geplanten Verschärfungen des Strafrechts tatsächlich umgesetzt werden.

Foto: dpa/Rössler

Wien – Einen Tag vor Ablauf der Begutachtungsfrist für das geplante Strafrechtsänderungsgesetz hat am Donnerstag auch der Österreichische Rechtsanwaltskammertag seine Stellungnahme abgeliefert. Die Anwälte gehen dabei teilweise hart ins Gericht mit den Vorschlägen des Justizministeriums. "Unnötig", "überschießend" und "abzulehnen" ist in der Expertise, die von den Rechtsanwälten Gerald Ruhri aus Graz und Josef Weixelbaum aus Linz verfasst wurde, häufig zu lesen.

Gegen grobe Fahrlässigkeit

Was die geplanten Änderungen im Strafgesetzbuch betrifft, warnen die Anwälte vor der Einführung der "groben Fahrlässigkeit". Diese Form des schuldhaften Handelns, die bisher nur im Zivilrecht vorkommt, könnte im Strafrecht dazu führen, dass zu hart bestraft werde – und zwar weit über das Ausmaß hinaus, das ohnehin mit dem Zusatz "unter besonders gefährlichen Verhältnissen" geregelt ist. Für den Rechtsanwaltskammertag besteht keine Veranlassung, "von dieser bewährten Regelung abzugehen und die Strafbarkeit im Fahrlässigkeitsbereich auszudehnen".

Gegen Gewerbsmäßigkeit

Eine der wenigen Lockerungen im Ministerialentwurf betrifft die sogenannte Gewerbsmäßigkeit von Strafgesetzdelikten. In Zukunft muss zum Beispiel ein Einbrecher dreimal innerhalb von zwölf Monaten erwischt werden, um ihm strafverschärfend vorzuwerfen, dass er gewerbsmäßig, also quasi beruflich vom Einbrechen lebt. Bisher konnte diese höhere Bestrafung schon nach dem ersten Einbruch erfolgen, wenn der Verurteilte etwa Profieinbrecherwerkzeug besaß. Den Rechtsanwälten ist aber auch die entschärfte Version zu heftig. Sie fordern die ersatzlose Beseitigung der Gewerbsmäßigkeit. Denn ein Einbrecher, um beim Beispiel zu bleiben, der regelmäßig "arbeiten" geht, verursache einen höheren Schaden, was ohnehin zu höheren Strafsätzen führe.

Gegen Verdoppelung der Höchststrafe

Auch die geplante massive Erhöhung der Strafandrohung bei Körperverletzungsdelikten sehen die Anwälte "durch nichts gerechtfertigt". Bei absichtlicher schwerer Körperverletzung etwa ist eine Verdoppelung der möglichen Höchststrafe auf zehn Jahre Gefängnis vorgesehen. Bei absichtlicher schwerer Körperverletzung mit Todesfolge soll die bisherige Höchststrafe von zehn Jahren künftig nur mehr die Untergrenze sein. Die geplante Höchststrafe von 20 Jahren ist in den Augen der Anwälte völlig unangemessen. Man dürfe nicht aus den Augen verlieren, dass bei diesem Delikt der Tod fahrlässig herbeigeführt werde, es sich also nicht um ein vorsätzliches Tötungsdelikt handle.

Gegen Grapsch-Paragrafen

Vom vieldiskutierten Grapsch-Paragrafen halten die Anwälte nichts: "Die unklare und weite Definition des Tatbestandes würde zu gravierenden Problemen in der Rechtsanwendung und bei strenger Auslegung zu einer völligen Ausuferung der Strafbarkeit führen." Bloße Belästigungen gehörten ins Verwaltungsstrafrecht und ins Zivilrecht. Das bestehende Sexualstrafrecht sei im Übrigen völlig ausreichend. (Michael Simoner, DER STANDARD, 24.4.2015)