Ingo Speich versucht, als aktiver Investor die Praktiken von Unternehmen zu verbessern.

Foto: Union Investment

Wien - Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Ansatz zum Veranlagen. Investoren selbst agieren auch immer öfter diesem Ansatz entsprechend und wollen Missstände in Unternehmen aufzeigen. Das Druckmittel der Fondsmanager in diesem Bereich ist der Verkauf der Aktien. Bemängelt ein Einzelinvestor die Strategie eines Unternehmens und droht mit dem Verkauf der Papiere, mag das einen Unternehmensmanager noch wenig tangieren, "findet man aber andere Großinvestoren, die ihre Anteile auch verkaufen, dann ist das schon ein Druckmittel", sagt Ingo Speich, Senior Portfolio Manager bei Union Investment. Vor allem, wenn dieser Verkauf öffentlich gemacht wird.

Lernen aus Fehlern

Unternehmen hätten gelernt, dass ihnen diese negative Berichterstattung schadet - nämlich durchaus auch nachhaltig. Andererseits zeige sich laut Speich, dass es dem Aktienkurs förderlich ist, wenn ein Unternehmen Verbesserungen erzielt. "Das ist auch eine Möglichkeit, den Erfolg der aktiven Investoren zu messen", sagt Speich zum STANDARD.

Der Union-Investment-Experte unterscheidet zwei Arten von aktiven Investoren:

  • Schreibtischtäter Diese Gruppe sammelt möglichst detailliert Informationen zu einem Unternehmen. Produktionsstätten in fernen Ländern sind vom Schreibtisch aus aber nicht einsehbar. NGOs, die vor Ort sind, oder lokale Gewerkschaften dienen dann als Quelle. Konfrontiert man das Unternehmen mit Missständen und verkündet dieses Unternehmen wenig später, dass Verbesserungen vorgenommen wurden, "kann man das nur mit weiteren unabhängigen Informationsquellen überprüfen", sagt Speich.
  • Aktive Investoren Das sind jene, die Zulieferer oder Produzenten vor Ort besuchen und sich die Bedingungen anschauen. Wichtig ist hier laut Speich, dass die Betriebe immer wieder besucht werden. Eine einmalige Visite reiche nicht aus. So könne nicht erkannt werden, ob vor Ort wirklich Verbesserungen umgesetzt wurden.

Ein besonderes Problem gibt es laut Speich bei Zulieferbetrieben. "Es bringt nichts, nur den Hauptzulieferer anzuschauen, denn hinter dem stecken oft unzählige Sublieferanten." Die Überprüfung der Zulieferkette eines Sportartikelherstellers habe ergeben, dass hinter den 60 Hauptlieferanten rund 200 Sublieferanten stehen, die wiederum von 1000 anderen Herstellern beliefert werden - und das alles nur in einem Land. Hier sei eine ganzheitliche Überprüfung kaum möglich. Hier könne man oft nur die Forderung nach den staatlich festgelegten Minimallöhnen stellen, sagt Speich.

Konfliktpotenzial Seltene Erden

Aktuell sehen aktive Investoren - die auch in der Hauptversammlung ihr Stimmrecht nützen und bei Missständen den Vorstand nicht entlasten - vor allem bei seltenen Erden Konfliktpotenzial. Denn wer diese direkt aus dem Kongo bezieht, fördere damit die umstrittene Politik in dem von Konflikten zerklüfteten Land. "Hier müssen Zulieferer stärker durchleuchtet werden", fordert Speich. In Summe zeige sich aber, dass man mit all den Aktionen nicht im luftleeren Raum agiere und der Dialog mit den Unternehmen auch Früchte trage. (bpf, DER STANDARD, 24.4.2015)