Stadler tritt "für Aufklärung ein", und sie tritt zurück.

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Europameisterin Janine Flock fürchtet, durch den Skandal aus der Bahn geworfen zu werden.

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Innsbruck/Wien - Ein geheimes Konto, Scheinabrechnungen, falsche Abschlüsse. Die schaurige Geschichte, die Astrid Stadler erzählt, erinnert an die Ursprünge jener Krise, die den Schwimmverband seit Jahren beutelt.

Astrid Stadler war von Juni 2014 bis 21. April 2015 die Präsidentin des Bob- und Skeletonverbands (ÖBSV), bei der Generalversammlung am Dienstag trat sie zurück. Dem Standard sagt sie, sie habe in den ÖBSV-Finanzen "eine Menge Unklarheiten" entdeckt und eine Wirtschaftsprüfung veranlasst, deren Ergebnisse sie bestätigten. Doch in der Generalversammlung fühlte sich Stadler im Stich gelassen, die 15 Vereinsvertreter hätten blockiert. "Sie haben es locker genommen, sie verhindern eine rasche Aufklärung." Sie habe gar keine andere Wahl gehabt, als ihren Hut zu nehmen, sagt die Tirolerin. "Ich hätte mit Ende Mai eine erste Bilanz vorweisen müssen, ich will mich nicht strafbar machen."

Laut Stadler tauchte nicht nur "ein Riesensaustall an Belegen und Rechnungen" auf, sondern auch "ein geheimes Konto, das nicht in der Buchhaltung erfasst war". Stadler hatte daraufhin veranlasst, dass sich der ÖBSV von Generalsekretär Martin Kerbler und Buchhalterin Inge Zwerger trennte. Sie sagt, die Buchhalterin sei gleichzeitig Kassierin, der Generalsekretär stellvertretender Kassier des Verbands gewesen. "Da fehlte die Kontrollfunktion." Also habe sie Bernd Winter von der BDO Austria GmbH, der schon bei der Aufarbeitung des ÖOC-Skandals half, mit der Wirtschaftsprüfung beauftragt. Stadler: "Vieles ist noch nicht geprüft, weil die Zeit gedrängt hat."

Ein tiefer Riss

Durch den ÖBSV geht ein tiefer Riss, gemeinsam mit Stadler treten andere Vorstandsmitglieder zurück. Der Innsbrucker Jurist und ÖBSV-Vizepräsident Roman Schobesberger führt die Geschäfte, im Juni soll ein neuer Vorstand gewählt werden. Schobesberger spricht von einer "Überreaktion" Stadlers, sie habe die Generalversammlung vorzeitig verlassen und folglich einige Beschlüsse verpasst. Es solle sehr wohl "lückenlos aufgeklärt werden".

Dem Standard sagt Schobesberger, es gebe "ein paar Ungereimtheiten. Es ist aber kein Geld verschwunden". Und von der Existenz des zweiten ÖBSV-Kontos, sagt Schobesberger, habe Stadler gewusst. Darauf seien Sponsorgelder verbucht worden, "die man nicht zweckgebunden verwenden muss" - im Gegensatz zu öffentlichen Geldern auf dem ersten Konto. "Mit Stadlers Führungsstil", sagt Schobesberger, "waren viele nicht einverstanden." Die Trennung des Verbands von Kerbler wurde hinterfragt. "Im Prinzip war man mit ihm zufrieden." Stadler, die von 2000 bis 2008 für die ÖVP im Nationalrat saß, wurde hinter vorgehaltener Hand vorgeworfen, sie habe Parteifreunden ÖBSV-Jobs verschafft.

Schobesberger will "Schaden von den Sportlern fernhalten". Da kommt er zu spät, sagt Janine Flock, als Skeleton-Europameisterin und Gesamtweltcupsiegerin das Aushängeschild des Verbands. Der Schaden sei schon da, und er sei groß. Flock stellt sich hinter Stadler und übt heftige Kritik an den Vereinsfunktionären. "Sie haben sehr wenig Loyalität mit den Athleten gezeigt", sagt Flock dem Standard. "Ich bin sehr enttäuscht." Diese Enttäuschung schließt Flocks eigenen Verein, den BSC Stubai, mit ein. "2004 hab' ich dort angefangen", sagt die Europameisterin. "Jetzt kann ich nicht ausschließen, dass ich den Verein wechsle."

Die 25-jährige Flock sieht ihre Vorbereitung auf die nächste Saison gefährdet - eine Saison mit einer Heim-WM in Igls (Februar) -, wobei sich Flock nicht einmal dessen sicher ist. "Mein Hausverstand sagt mir, die WM ist gefährdet. Wie soll man Sponsoren finden, wenn es einen solchen Skandal gibt?" ÖBSV-Vize Schobesberger versucht zu beruhigen. "Es ist der Wunsch aller, dass die WM ordentlich durchgeführt wird."

Der ÖBSV, sagt Ex-Präsidentin Stadler, verfüge über ein jährliches Budget von "circa 1,2 Millionen Euro, exklusive WM". Und: "Der Verband lebt zu mehr als neunzig Prozent von öffentlichen Mitteln." In die Schlagzeilen geriet er zuletzt im Oktober, als ihn ein Ranking der 60 heimischen Verbände an guter neunter Stelle auswarf. Für das Ranking verantwortlich zeichnete die vom Ministerium eingesetzte Bundessportkonferenz, der just Astrid Stadler vorsitzt. Dieses Amt will sie weiterhin bekleiden. "Das wird vielleicht sogar leichter, wenn ich nicht mehr Verbandspräsidentin bin", sagt sie. Schließlich müsse man "mit Fördermitteln unendlich sorgsam umgehen". (Fritz Neumann, DER STANDARD, 23.4.2015)