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Der 9. April wurde im Iran als "Nationaler Nukleartechnologietag" begangen. Im Bild Präsident Hassan Rohani und Atombehördenchef Ali Akbar Salehi (rechts) bei der symbolischen Enthüllung neuer Technologie zur Brennstoffproduktion. Der Iran betont sein Recht auf alle Aspekte des nuklearen Zyklus.

Foto: APA/EPA/OFFICAL WEBSITE OF THE PRESIDENT / HANDOUT

Wien - Im Wiener Palais Coburg wurden am Mittwoch die offiziellen iranischen Atomverhandlungen wiederaufgenommen, auf politischer Direktoren- beziehungsweise Vizeaußenministerebene. Die Stimmung ist angesichts des Clashs der Narrative, der seit Abschluss des Rahmenabkommens in Lausanne vor drei Wochen zu verfolgen war, eher gedämpft: Beteiligte und Beobachter halten die Frage, wie die Aufhebung der Iran-Sanktionen vonstattengehen soll, für etwas, woran ein Deal zwischen dem Iran und den P5+1 (den fünf Uno-Vetomächten und Deutschland) noch scheitern könnte.

Dass die vage formulierten Eckpunkte, die am 2. April präsentiert wurden, von beiden Seiten - im Wesentlichen dem Iran und den USA - dazu herhalten würden, um zu Hause den neuen JCPAO (den Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan) als eigene große Errungenschaft darzustellen, war klar. Den ersten Schritt setzten die Amerikaner durch noch am selben Abend herausgegebene Erläuterungen, die sich wie eine iranische Kapitulation anhörten.

Entscheidende Frage

In Teheran - wo die heimgekehrten Verhandler auf der Straße wie Helden gefeiert wurden - überwog erst einmal die freundliche Stimmung, etwa in den Freitagspredigten des 3. April. Nur Außenminister Javad Zarif protestierte per Twitter gegen die US-Interpretation. Der religiöse Führer, Ali Khamenei, äußerte sich zuerst nicht, blieb aber bei seinem Unterstützungskurs für die Verhandler und Präsident Hassan Rohani. Den hielt er auch bei seiner Rede am 9. April, bei der er gleichzeitig jedoch den Ukas herausgab, dass eine Sanktionsaufhebung in Phasen, wie sie im US-Factsheet vorkommt, nicht akzeptabel sei.

Die Sanktionsaufhebung ist für den Iran entscheidend: Rohani hat seinen Präsidentschaftswahlkampf damit geführt, und die Einschränkungen eines Atomprogramms, über dessen Berechtigung (nicht unbedingt Zweckmäßigkeit) ein breiter nationaler Konsens herrscht, muss sich für den Iran lohnen.

Iran ohne Sanktionen

Ein Iran ohne Sanktionen spielt in der Diskussion über den Nukleardeal aber auch bei nichtiranischen Gegnern eine große Rolle: manchmal eine größere als das iranische Atomprogramm selbst. Ein von den Sanktionen befreiter Iran würde einen ungeheuren wirtschaftlichen Aufschwung erleben und würde auch mit zurückgefahrenem Atomprogramm seine hegemoniale Stellung in der Region verstärken. Diese Furcht ist so groß, dass das Argument, mit dem die USA und andere Befürworter den Atomdeal verkaufen wollen - dass das Urananreicherungsprogramm auf die Dauer von fünfzehn Jahren stark reduziert wird -, nicht richtig greift. Manchen wäre ein Iran mit etwas mehr Atomprogramm und unter Sanktionen lieber als ein Iran mit weniger Atomprogramm und ohne Sanktionen.

Diese Ängste werden natürlich auch geschürt durch den enormen Ansturm von - von der Politik gestützten - Wirtschaftsvertretern aller Welt, die in Teheran versuchen, Vorverträge abzuschließen. Alle warten nur darauf, dass die Sanktionen fallen - übrigens auch große Firmen aus Frankreich, das bei den Verhandlungen mit dem Iran ja oft strenger auftritt als die USA. Auch unter den internationalen Verhandlern gibt es unterschiedliche Interessenlagen. Für die USA spielt wohl auch der Wunsch eine große Rolle, den chinesischen Einfluss im Iran nicht zu groß werden zu lassen.

Permanente Verhandlungen

Deshalb rechnet eigentlich niemand mit einem Zusammenbruch der Verhandlungen an der selbstgesetzten Deadline Ende Juni, auch wenn dann noch kein Abkommen da ist. Kritischen Ländern wie Israel und den arabischen Golfstaaten können solche permanenten Verhandlungen ganz recht sein: kein Abkommen und keine Sanktionsaufhebung, aber die Beschränkungen des Urananreicherungsprogramms, auf die sich der Iran zu Beginn der Verhandlungen verpflichtet hat, bleiben bestehen.

Deshalb ist eine Paketlösung für die iranischen Verhandler nicht nur eine innenpolitische Frage: Teheran hat selbst schlechte Erfahrungen mit phasierten Abkommen gemacht, etwa dem, das den Iran-Irak-Krieg beendete. Ein eklatantes Beispiel ist auch der Oslo-Prozess zwischen Palästinensern und Israel, bei dem es stets mehr um den Prozess als um Frieden ging. Dazu kommt die briefliche Ansage des US-Senats, dass er einen Deal in der Post-Obama-Zeit fällen könnte, sowie die Zustimmung des US-Präsidenten, ein Abkommen dem Kongress vorzulegen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 23.4.2015)