Durch den etwa sechs Zentimeter großen Schmetterling könnte man bequem die Zeitung lesen. Verantwortlich dafür sind solche Nanosäulen auf seinen Flügeln:

Foto: Radwanul Hasan Siddique, KIT
Foto: Radwanul Hasan Siddique, KIT

Karlsruhe - Schmetterlinge sind für ihre farbenprächtigen Flügel bekannt, der Unterschied zu den durchsichtigen Flügeln von Hautflüglern wie etwa Bienen oder Wespen könnte kaum größer sein. Aber es gibt auch einige wenige Schmetterlingsarten mit beinahe vollständig transparenten Flügeln. Dazu gehört auch der in Mittelamerika beheimatete Edelfalter Greta morgane.

Bei dessen Flügeln sind nur die Randbereiche farbig - und die transparente Fläche dazwischen reflektiert nahezu kein Licht, was den Schmetterling für Fressfeinde beinahe unsichtbar macht.

Untersuchung per Rasterelektronenmikroskop

Wissenschafter des Karlsruher Instituts für Technologie haben sich die physikalischen Grundlagen dieser Tarnung angesehen und berichten darüber in "Nature Communications". Das Team um Hendrik Hölscher fand dabei heraus, dass unregelmäßige Nanostrukturen auf der Oberfläche des Schmetterlingsflügels die geringe Reflexion bewirken.

Die Flügel des Schmetterlings reflektieren nur, wenn man schräg auf sie blickt - und auch dann nur schwach. Je nach Blickwinkel sind das nur zwischen zwei und fünf Prozent des einfallenden Lichtes. Zum Vergleich: Eine Glasscheibe wirft, je nach Blickrichtung, zwischen acht und 100 Prozent zurück. Zudem reflektiert der Flügel nicht nur das gesamte für den Menschen sichtbare Spektrum schwach, sondern unterdrückt auch die für Tiere wahrnehmbaren Infrarot- und Ultraviolett-Wellen.

Um diesem bisher unerforschten Phänomen auf den Grund zu gehen, untersuchten die Forscher die Flügel mit einem Rasterelektronenmikroskop. Vorherige Studien hatten gezeigt, dass bei anderen Tieren regelmäßige säulenförmige Nanostrukturen für die geringen Reflexionen verantwortlich sind.

Auch bei den Flügeln von Greta morgane fanden die Forscher Nanosäulen - allerdings waren diese im Gegensatz zu den bisherigen Funden gänzlich unregelmäßig angeordnet und auch unterschiedlich groß. Die typische Höhe der Säulen variiert laut den Forschern zwischen 400 und 600 Nanometern und der Abstand zwischen den Säulen zwischen 100 und 140 Nanometern, was etwa einem Tausendstel des menschlichen Haares entspricht.

Praktische Anwendungen denkbar

Die Forscher bildeten diese Unregelmäßigkeit der Nanosäulen in Größe und Anordnung mathematisch ab und konnten zeigen, dass die berechnete reflektierte Lichtmenge für unterschiedliche Blickwinkel genau der beobachteten Menge entspricht. Damit belegten sie, dass eben diese Unregelmäßigkeit der Nanosäulen die geringe Reflexion bei unterschiedlichen Betrachtungswinkeln bewirkt.

Mit Staunen über eine weitere Meisterleistung der Evolution ist es aber nicht getan - die Forscher denken auch technische Anwendungen. Sie sind überzeugt, dass die Ergebnisse eine ganze Fülle von Anwendungsmöglichkeiten eröffnen: Überall dort, wo schwach reflektierende Oberflächen gebraucht werden - etwa bei Brillengläsern oder Handydisplays. (red, derStandard.at, 26.4. 2015)