Deutsch lernen, um weiter studieren zu können: Majd S.

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Übung für die nächste Abendkurs-Einheit an der Volkshochschule.

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Sein Ziel: In den Zähnen anderer Menschen herumzubohren. Davon träumt Majd S., 23 Jahre alt, seit einem Jahr in Wien-Simmering wohnhaft. Doch vor ihm liegt ein weiter Weg, und es ist vor allem ein Behördenweg. Denn bis er auch nur daran denken kann, sich seine vier Semester Zahnmedizinstudium anrechnen lassen zu können, muss er mehrere Deutschkurse absolvieren. Zwar kann sich der Syrienflüchtling schon jetzt gut verständigen, nach drei Monaten Deutschkurs beim Österreichischen Integrationsfonds. Doch für die Anrechnung des Studiums reicht das nicht.

Kein Platz

Als er nach Ende des ersten Kurses zu Jahresbeginn anklopfte, wann er nun weitermachen könne, hieß es: Sorry, kein Platz. Frühestens im November solle er es wieder probieren. Auch das Arbeitsmarktservice hatte für den anerkannten Flüchtling nur eine negative Antwort. "Ich weiß nicht genau, was das Problem war. Aber so lange wollte ich nicht warten", sagt er.

S. hat Angst, ohne Aufbaukurs alles wieder zu verlernen: In seiner Wohngegend, dem Flüchtlingsquartier Macondo an der Stadtgrenze, hat er zwar viele Freunde, aber mit den wenigsten von ihnen kann er seine Deutschkenntnisse üben. In einem Job könnte die Sprache anwenden, doch ohne Kurszeugnis hat er kaum Chancen, eine Stelle zu finden.

Er ging also zur Volkshochschule (VHS), um sich für einen kostenpflichtigen Kurs anzumelden. Und hatte Glück: Dank einer Kooperation der VHS Simmering mit dem Flüchtlingsdienst Diakonie bekam er einen Zuschuss zu den Kurskosten und muss statt 380 nur 90 Euro zahlen. In zwei Monaten, wenn der B1-Kurs vorbei ist, muss er aber wieder zittern, ob er einen günstigen Platz finden wird: Um an der Uni anfangen zu können, braucht er einen C1-Abschluss, und die meisten der Kurse kosten zwischen 300 und 400 Euro.

"Nicht nur schlafen und sitzen"

"Ich bin nicht hergekommen, um nur zu schlafen, zu sitzen, und Geld zu bekommen", sagt der Mindesicherungs-Bezieher, "ich will hier etwas Gutes machen und selbst Geld verdienen." Zumindest den ersten Teil des Plans, die tägliche gute Tat, hat er sich schon jetzt selbst organisiert: In der Basis Zinnergasse, einer Diakonie-Unterkunft für syrische Flüchtlinge, arbeitet er jeden Tag als Kinderbetreuer und zwei Mal pro Woche als Lernhelfer für Schüler. In seiner Freizeit nimmt er, der Arabisch, Englisch, Französisch und bald auch Deutsch spricht, außerdem bei seiner argentinischen Nachbarin Spanischunterricht.

"Das Problem, dass sie keinen Sprachkurs finden, haben alle meine Freunde", sagt S., dem wichtig ist zu betonen, dass er keine Kritik an der Regierung übt: "Die Regierung hat so viel Stress - jeden Tag kommen so viele Flüchtlinge."

Vor zehn Tagen gaben Innen-, Sozial- und Integrationsministerium bekannt, über 7000 neue Kursplätze schaffen zu wollen. Bis dato scheint der Beschluss keine Wirkung gezeigt zu haben: Lernwillige, die derzeit ansuchen, hören weiter: Bitte warten. (Maria Sterkl, derStandard.at, 27.4.2015)