"Schon als Kind war es mir das Liebste, in der Natur auf Entdeckungstour zu gehen", sagt Ferdinand Rieder. "Mich haben keine Meerschweinchen interessiert und keine Hunde, sondern immer nur Wildtiere. Mitschülern habe ich Besonderheiten in der Natur gezeigt - eine Höhle, einen schönen Felsen."

Ein Nationalpark-Ranger lernt, die Natur genau unter die Lupe zu nehmen und dieses Wissen weiterzugeben.
Foto: Heribert Corn

Aufgewachsen auf einem Bergbauernhof in Hollersbach im Pinzgau, hatte der Bub auf seinem Schulweg 350 Höhenmeter zu bewältigen - im Sommer zu Fuß, im Winter auf Skiern oder mit der Rodel. Da war es nur konsequent, dass der Ferdinand den Menschen später als Bergführer seine Heimat gezeigt hat. "Mein Vater wollte, dass ich einen soliden Beruf erlerne. Ich habe deshalb eine Handwerkslehre abgeschlossen, als Schriftenmaler - aber gleich danach die Skilehrer- und Bergführerprüfung abgelegt. Das hat mir vom ersten Tag an Spaß gemacht."

Mit Mitte zwanzig wird Rieder - kerniger Typ, braungebrannt - bergsteigerischer Leiter im Alpinzentrum Rudolfshütte. Fast täglich führt er Gruppen auf den Stubacher Sonnblick. Nach vier Jahren stellt er fest, dass er den Weg mit geschlossenen Augen gehen kann und an denselben Stellen immer das Gleiche erzählt. "Das war schrecklich, ich habe die Natur nicht mehr wahrgenommen."

Wissen weitergeben

Mit der Arbeit als Ranger hat Ferdinand Rieder seinen Traumjob gefunden. Seine Aufgaben sind vielfältig: Er hält Vorträge, versucht Schulkinder für die Natur zu begeistern, indem er sie die Spinnendichte auf einer Wiese ermitteln lässt. Als einer von drei Bergführern im Nationalpark Hohe Tauern gibt er sein Wissen über die Hochgebirgslandschaft auf Touren weiter. "Meine Arbeitsbedingungen sind zu jeder Jahres- und Tageszeit anders", sagt Rieder, inzwischen Chef von 14 Rangern im Sommer und sieben im Winter.

Foto: Alpenvereinsjugend

In den 30 Jahren seiner Dienstzeit tat sich viel. "Anfangs wurde der Nationalpark von den Einheimischen abgelehnt", erinnert er sich. "Damals haben alle neidisch nach Kaprun geschaut. Jeder wollte das technische Wunder der Staumauer des Wasserkraftwerks sehen, und als das Gletscherskigebiet eröffnet wurde, war es plötzlich modern, im Sommer mit den Skiern auf dem Porsche durch Zell zu fahren."

Ein anderer Tourismus

Mit dem "Großkraftwerk Oberpinzgau" war Ähnliches auf dem Gebiet des heutigen Nationalparks geplant: Die Krimmler Ache sollte gestaut werden, wobei eine Restwassermenge die Fassade der weltberühmten Krimmler Wasserfälle aufrechterhalten hätte. Zum Glück kam es anders. Heute wissen die Einheimischen ihren Nationalpark zu schätzen, und der Tourismus, von dem hier viele profitieren, ist ein anderer geworden - mehr auf das Naturerlebnis ausgelegt.

Foto: NPHT/Popp

"Wir haben das große Glück, dass uns die Natur die Anzahl der Besucher vorgibt", sagt Rieder. Auf dem Parkplatz neben dem Besucherzentrum in Mittersill ist an schönen Sommertagen zwar viel los, aber je weiter es ins Gebirge geht, desto weniger Menschen zieht es dorthin. "Natürlich gibt es Dinge, die nicht in unserem Sinn sind", sagt der Ranger: "Freilaufende Hunde, die das Wild beunruhigen, oder die Möchtegernmineraliensammler, die jeden Stein mit Hammer und Meißel aufklopfen."

Heute, mit 60 Jahren, ist Rieder immer noch gerne in der Natur, wenn möglich mit seiner Kameraausrüstung. Hohe Gipfel mag er nicht mehr erklimmen. Lieber hält er sich mit Geländeläufen und Trekking in Nepal fit. "In letzter Zeit merke ich, wie unbeweglich der Körper wird. Vielleicht sollte ich endlich dem Rat meiner Frau folgen und mit Yoga anfangen ..." (Gabriela Beck, Rondo, 29.5.2015)