Pflanzentausch auf dem Dornerplatz in Wien.

Foto: Amila Sirbegovic

Bevor ich anfing in der Gebietsbetreuung Stadterneuerung zu arbeiten, war mir das Thema Grün in der Stadt ziemlich fremd, um nicht zu sagen unbekannt. Natürlich genoss ich die grünen Oasen, die Wien zu bieten hat, aber ich muss zugeben, dass das "harte" städtische Grau mein Architektinnenherz höher schlagen ließ. Als ich noch studierte, war ich der Meinung, dass ein grün angestrichener Betonkubus im öffentlichen Raum Aufmunterung genug ist beziehungsweise sein kann. In der Zwischenzeit ist bei mir zwar weder der eine noch der andere Daumen grün geworden, ich habe aber gelernt, was Garteln in der Stadt bringt und bringen kann und vor allem, was das Thema Grün für das Zusammenleben in dieser Stadt bedeutet.

Grüne Impulse

Grün in unserer Stadt ist sehr vielfältig. Es sprießt auf der Fensterbank und auf der Terrasse, in Mauerritzen, Baumscheiben und kleinen Abstandsflächen, überall werden StadtgärtnerInnen tätig. Neben den privaten Freuden für die Einzelnen entstehen grüne Impulse im Stadtraum, von denen StadtnutzerInnen, die Nachbarschaft und wir alle profitieren. Dabei geht es nicht nur um reine Umgestaltung, GärtnerInnen übernehmen auch Verantwortung für die Gestaltung ihres Wohnumfeldes. Von Mikrogrünräumen, über Initiierung, Organisation und Durchführung von Gemeinschaftsgärten, bis hin zu partizipativen Verfahren der Umplanung des öffentlichen Raums - überall sind sie dabei. Über das Thema Grün in der Stadt lässt sich auch der Diskurs über das Recht auf Stadt führen, wovon zahlreiche Urban-Gardening-Gruppen zeugen. Das Gemeinsame ist, dass "das Garteln" auf einfache Art und Weise unterschiedlichste Stadtbewohner zusammen bringt, was zugegebenermaßen heute nicht so einfach und selbstverständlich ist.

Romatisch Tauschen

Jedes Frühjahr, wenn Pflanzentauschbörsen in Währing, Hernals, Ottakring, im Neubau und Alsergund stattfinden, eröffnet sich an einem Wochenendtag ein neuer Raum, wo sich GärtnerInnen unterschiedlichster kultureller und sozialer Hintergründe treffen und "Basilikum gegen Yuccapalme und Tomatensetzlinge gegen Pelargonien" tauschen. Da schlägt mein romantisches Stadtforscherinnenherz höher, wenn ich sehe, dass städtische Räume der Begegnung auch in der heutigen Stadt möglich sind, jenseits von Einkaufszentren und Online-Shopping.

Der Markt, als der Ursprungsort der europäischen Urbanität, wo durch Kommunikation und Anwenden unterschiedlichster Praktiken Austausch stattfindet, aber auch Inklusion möglich ist, ist der Ort, wo Neues entstehen kann. Genauso erlebe ich die Pflanzentauschbörsen, als Orte des Möglichen. Im Frühjahr finden vier Pflanzentauschbörsen statt und ich möchte euch einladen, ein Teil dieser Geschichte und der temporären Transformation in der Stadt zu sein, wo Herkunft, Milieu und gesellschaftliche Position in den Hintergrund treten – und alles wegen einem bisschen Grün. Wegen eines angemalten Stück Betons würde sich kaum eine/r treffen. Das habe ich gelernt. (Amila Širbegović, daStandard.at, 21.2.2015)