Eriwan/Wien - 100 Jahre nach dem Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich hat das armenische Parlament zu einer weltweiten Anerkennung der Gräueltaten als Genozid aufgerufen. Eine entsprechende Resolution nahmen die Abgeordneten in der Hauptstadt Eriwan am Dienstag in einer Sondersitzung einstimmig an.

Darin appellierten sie an die Parlamente "aller Länder und an internationale Organisationen, den armenischen Völkermord durch das Osmanische Reich als schwerstes Verbrechen gegen die Menschheit" zu verurteilen. An diesem Freitag begeht die Ex-Sowjetrepublik den 100. Jahrestag des Beginns der Verfolgung mit einer großen Zeremonie.

Nach armenischen Schätzungen wurden damals bis zu 1,5 Millionen Menschen getötet. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches spricht von deutlich weniger Toten und lehnt den Ausdruck Genozid entschieden ab. Mehr als 20 Einzelstaaten erkennen den Völkermord an den Armeniern an. In Österreich einigten sich alle Parlamentsklubs auf eine Erklärung zur erstmaligen Anerkennung.

Zu einer Zeremonie am Mahnmal in Eriwan werden am Freitag Hunderttausende Menschen erwartet. Die internationale Gästeliste für die Gedenkveranstaltung zeigt, wie gespalten die Welt ist. Nur eine Handvoll Staats- und Regierungschef wird in Eriwan erwartet, unter ihnen Frankreichs Präsident Francois Holland und Russlands Staatschef Wladimir Putin. Viele weitere lassen sich vertreten, um Ankara nicht zu verärgern. Bundespräsident Heinz Fischer hat die Einladung nach offiziellen Angaben "aus Termingründen" abgelehnt; Österreich wird von einem Botschafter und einem Nationalratsabgeordneten repräsentiert.

Botschaft: "Niemals wieder"

Armenien bemüht sich seit Jahrzehnten auf internationaler Ebene um die Anerkennung des Völkermords. Der armenische Präsident Serzh Sarksyan will das Gedenken 100 Jahre nach den Gräueln dazu nutzen, die Welt an das Leid zu erinnern und hinter sich zu sammeln. "Es geht um ein wichtiges geschichtliches Datum für das armenische Volk und die internationale Gemeinschaft", sagte er kürzlich. Dabei wolle Armenien aber "nicht nur zurückschauen und über historische Fakten nachdenken". "Niemals wieder", müsse die Botschaft vielmehr lauten. (APA, 21.4.2015)