Maya Alkhechen aus Syrien überlebte die Flucht übers Mittelmeer.

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Das Leben Maya Alkhechens hat sich am Sonntagabend verändert. Das hat vor allem damit zu tun, dass sie überhaupt noch am Leben ist. Das klingt selbstverständlich, ist es aber beileibe nicht. Zweimal musste die 1983 in Damaskus geborene Syrerin ihre Heimat verlassen, bei ihrer letzten Flucht 2013 wählte sie notgedrungen den gefährlichen Weg übers Mittelmeer. Mit Ehemann und den beiden Söhnen war sie an Bord eines kleinen Bootes - gemeinsam mit 306 anderen Flüchtlingen.

"Der Motor fiel aus, die Wellen spielten mit dem Boot. Und ich fragte mich: Welches Kind kann ich länger festhalten, wenn das Boot kippt? Wer von den beiden wird meine Hand zuerst loslassen?", erzählte sie in der TV-Sendung von Günther Jauch, in der ansonsten Politiker und Journalisten hitzig über die jüngsten Flüchtlingsdramen im Mittelmeer diskutierten. Doch einzig Alkhechens Worte wirkten wahrhaftig.

Mit sechs Jahren flüchtete sie mit ihrer Familie nach Deutschland, der Vater wurde als Oppositioneller verfolgt. In Essen wuchs sie als geduldeter Flüchtling auf, gleichbedeutend mit dem fehlenden Recht auf Arbeit. Deshalb brach sie 2006 nach Syrien auf, heiratete und bekam zwei Kinder. Dann brach der Bürgerkrieg aus.

Es folgte die zweite Flucht, zunächst nach Ägypten. Bemühungen um eine Rückkehr nach Europa blieben erfolglos, die deutsche Botschaft in Kairo meinte, für einen Asylantrag müsse man sich in Deutschland befinden. Und so kamen die Schlepper ins Spiel. Denen ist Alkhechen bis heute dankbar. Denn ihre Alternativen waren: Tod im syrischen Bürgerkrieg, Tod auf den ägyptischen Straßen oder die Fahrt übers Mittelmeer. "Mir blieb nur dieser verdammte Weg, und den wollen Sie auch noch schließen?", schnauzte sie in Jauchs Sendung den rechtskonservativen Journalisten Roger Köppel an.

Ein italienisches Schiff zog schließlich das antriebslose Boot mit Alkhechen an Bord aus dem Mittelmeer. Heute lebt sie wieder in Essen, und seit dem TV-Auftritt kommt ihr Handy nicht mehr zur Ruhe. Schließlich versinnbildlicht ihr Leben, dass die EU mit ihrer Strategie auf dem Holzweg sein könnte. Dem Standard sagt sie dann auch, was sie von den EU-Plänen hält, vor allem gegen Schlepper vorzugehen: "Das ist totaler Unsinn. Kein Flüchtling nimmt freiwillig den Weg übers Mittelmeer. Aber es gibt keine legalen Wege nach Europa. Wenn es die gibt, braucht keiner mehr die Schlepper." (Kim Son Hoang, DER STANDARD, 22.4.2015)