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Nicht nur Preisabsprachen sind ein Problem. Die Anbieter machen sich auch gegenseitig das Leben schwer.

Foto: APA/Burgi

Wien - Onlinehandel in Österreich ist mit einem geschätzten Volumen von sechs Milliarden Euro "ein bemerkenswerter Player", wie Österreichs oberster Wettbewerbshüter Theodor Thanner konstatiert. Den Konsumenten ermöglicht das Einkaufen im Internet Preisvergleiche, weltweites Shopping, günstige Preise - so lautet der Tenor der Anbieter.

Die Kartellwächter orten aber auch Fehlentwicklungen, die jenen in der Offlinewelt nicht unähnlich sind, wie sich bei einer Expertenrunde, zu der die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) geladen hatte, zeigte. So hätte etwa die Beobachtung eines Waschmaschinenmodells auf verschiedenen Plattformen über zwei Jahre hinweg ergeben, dass die Preise nahezu unverändert blieben. "Da kann man die These haben, dass Wettbewerb fehlt", so Thanner. Das Ausmaß der weltweiten Kartellschäden beziffert er mit 1,6 Billionen Dollar. Demgegenüber stünden Geldbußen von 123 Milliarden Euro.

Preisabsprachen sind aber bei weitem nicht das einzige Problem, denn rechtlich gesehen ist das Onlinegeschäft für viele Länder Neuland, stellt Eberhard Temme, Direktor des deutschen Bundeskartellamts, nicht ohne einen Seitenhieb auf die EU-Behörde fest: "Die Kommission hat dieses Thema viel zu lange den nationalen Wettbewerbsbehörden überlassen."

Verhandeln statt Strafe

Wie sehr das Feld noch unbeackert ist, illustriert laut Temme die Tatsache, dass es in Deutschland bisher acht Verfahren gab, von denen sieben noch nicht abgeschlossen seien. Eines davon erregte besonderes Aufsehen. Sportartikelhändler Adidas hatte 2012 seinen Verkäufern verboten, Adidas-Produkte via Ebay oder andere Verkaufsplattformen loszuschlagen. "Unzulässig", urteilte die Kartellbehörde. "Das hätte dem Wettbewerb geschadet. Vor allem kleinere Händler, denen ein wesentlicher Teil des Zugangs zu Kunden so verwehrt wurde, hätte ein solches Verbot getroffen", sagt Temme. Mit Adidas hat man sich auf dem Verhandlungsweg geeinigt. Der Sportartikelhersteller darf zumindest bei der Präsentation seiner Produkte mitreden.

Weniger Entgegenkommen gab es für das Buchungsportal HRS. Die Kartellbehörde untersagt der Hotel-Website die sogenannte "Bestpreisklausel", weil damit der Wettbewerb sowohl zwischen verschiedenen Hotelportalen, aber auch zwischen den Hotels selbst beschränkt würde, auch zum Schaden der Konsumenten", erläuterte Temme seine Sicht. Der auf einem ähnlichen Geschäftsmodell basierenden Plattform booking.com wurde eben eine Abmahnung zugestellt. In Österreich ist man noch nicht so weit. "Derzeit analysieren wir gemeinsam mit der Wirtschaftskammer und den Hotelbetreibern die Situation", sagt BWB-Referent Ralph Taschke. In anderen Fällen ist man schon weiter fortgeschritten.

2011 wurde in einer Umfrage der Wirtschaftsuniversität Wien bei Onlinehändlern deutlich, dass die Elektronikindustrie viele Onlinehändler in Sachen Preisgestaltung kräftig unter Druck setzte. Fünf Verfahren wurden laut Taschke rechtskräftig abgeschlossen, 2,1 Millionen Euro Bußgelder verhängt: "Jetzt sind weitere Verfahren auch außerhalb des Elektronikbereichs anhängig." (Regina Bruckner, DER STANDARD, 22.5.2015)