Spiralen bleiben steuerfrei, wenn ein therapeutisches Ziel verfolgt wird.

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Wien - Die Frist ist verstrichen, Seit Anfang April müssen Frauen um 20 Prozent mehr für bestimmte Verhütungsmittel zahlen. Wie der STANDARD berichtete, müssen Frauenärzte seit 1. Jänner 2015 Verhütungsmittel, die sie Patientinnen einsetzen, versteuern. Zuvor waren diese steuerfrei. Betroffen sind etwa alle Formen der Spirale sowie das Hormonstäbchen. Bis Ende März schluckten die Ärzte die Teuerung selbst, wie Georg Braune, Spartenobmannstellvertreter in der Österreichischen Ärztekammer, im Februar versicherte. Inzwischen wird die Kostensteigerung den Patientinnen weitergegeben. Die Teuerung führe teils zu Unverständnis und Wut seitens betroffener Frauen, heißt es von Gynäkologenseite.

Erlass wegen EU-Judikatur

Die Ärzte befolgen einen Erlass des Finanzministeriums, der wiederum auf Judikatur des Europäischen Gerichtshofs basiert. Gespräche darüber mit dem Finanzressort gingen ins Leere. Auch die Grünen sprangen den Ärzten bei und forderten das Finanzministerium dazu auf, den Erlass zur Besteuerung dieser Verhütungsmittel zurückzunehmen.

Doch dort heißt es: "Die EU-Judikatur ist eindeutig, da gibt es nichts zu interpretieren". Die Judikatur besage "ganz klar", dass "das Einsetzen einer Spirale nur dann eine steuerfreie Heilbehandlung ist, wenn damit ein therapeutisches Ziel verfolgt wird".

Heilbehandlung ist Ausnahme

Liegt also ein therapeutisches Ziel vor, beispielsweise um einer Risikoschwangerschaft vorzubeugen, gilt weiterhin die Steuerbefreiung. Eine Risikoschwangerschaft könnte allein aufgrund des Alters - etwa bei Frauen ab 35 Jahren - vorliegen.

Braune kritisiert, dass die Ausnahmeregelung zu wenig konkretisiert sei. "Es gibt keine klaren Richtlinien, welche Leitlinien zu befolgen sind, wann eine Heilbehandlung vorliegt und wann nicht", meint der Gynäkologenvertreter. Er fürchtet, dass für steuerfrei eingesetzte Verhütungsmittel im Nachhinein noch von den Ärzten das Bezahlen der Steuern verlangt werden könnte.

"Nicht das erste Mal"

Im Finanzressort ist man zuversichtlich, dass keine Probleme entstehen. Dort heißt es: "Es ist nicht das erste Mal, dass eine ärztliche Behandlung in Bezug auf die Mehrwertsteuerpflicht mit einem therapeutischen Ziel verknüpft ist" - zum Beispiel sei das auch bei Schönheitsoperationen der Fall. In solchen Fällen habe man bisher kein Problem gehabt, und man gehe davon aus, dass es dabei bleibe. Ärztevertreter Braune kritisiert auch das Stillhalten des Gesundheitsministeriums. Dort gab man zu dem Thema keine Stellungnahme ab und verwies auf die Zuständigkeit des Finanzministeriums in dieser Sache.

In Österreich verhüten laut Gynmed-Verhütungsreport (2012) neun Prozent der Frauen mit der Hormonspirale, drei Prozent mit der Kupferspirale und zwei Prozent mit einem implantierten Hormonstäbchen. Spiralen kosteten steuerfrei je nach Modell zwischen rund 250 bis 500 Euro.

Auf grobe Schätzungen, wie jene von den Ärzten, dass der Finanz durch die Maßnahme unterm Strich vielleicht 30.000 bis 40.000 Euro im Jahr bleiben dürften, lässt man sich im Finanzressort nicht ein. Das sei keine budgetäre Maßnahme, es gehe ausschließlich um EU-Recht. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 21.4.2015)