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Am Freitag fand eine Trauerfeier für die Opfer des Flugzeugabsturzes statt.

Foto: EPA/MAJA HITIJ

Düsseldorf/Seyne-les-Alpes – Nach der Trauerfeier für die 150 Germanwings-Toten tritt die Aufarbeitung der Katastrophe mit der Diskussion über Schadensersatz für die Hinterbliebenen in eine neue Phase. So wird eine Klage in den USA erwogen. Auch habe es bereits Gespräche mit Anwälten amerikanischer Hinterbliebenen gegeben. Die Bergung aller Flugzeugteile sei indessen abgeschlossen worden, sagte Hauptmann Benoît Zeisser von der Gendarmerie am Montag.

Der Rechtsanwalt Elmar Giemulla, der nach eigenen Angaben die Familien von mehr als 20 Absturzopfern vertritt, sagte am Sonntag, er plane den Gang vor ein US-Gericht, falls die Lufthansa den Angehörigen bei den demnächst beginnenden Gesprächen über einen Schadenersatz nicht genug entgegenkomme. Giemulla sagte, sein Ziel sei es, für die Hinterbliebenen auch einen "emotionalen Schadenersatz" zu erstreiten. Die Höhe des Zahlungen könne deshalb am Ende durchaus bei einer bis eineinhalb Millionen Euro pro Passagier liegen.

"Die Opferfamilien brauchen sehr viel Geld, um ihr weiteres Leben zu gestalten ohne den Menschen, der verloren gegangen ist", betonte auch Opferanwalt Christof Wellens im Fernsehsender Phoenix. "Für die Angehörigen ist eine angemessene, ja hohe Entschädigung sehr wichtig. Sie ist eine Stütze für die Familie im Alltag." Im Fall einer Familie, die er vertrete, hätten fünf Kinder die Eltern verloren.

Arbeitgeber laut Anwalt "eindeutig" verantwortlich

Die Schuldfrage ist nach seiner Ansicht ohnehin "eindeutig geklärt". Bei einem vorsätzlichen Absturz, herbeigeführt durch den Copiloten, sei die Sachlage klar. "Lufthansa ist für von ihr eingesetztes Personal in voller Weise verantwortlich", sagte Wellens, der nach eigenen Angaben 15 Opferfamilien mit mehr als 60 Angehörigen zivilrechtlich vertritt.

Er habe bisher kein Wort vernommen, dass man dies aufseiten von Lufthansa anders sehe. Im Gegenteil: Die Airline habe sich zu ihrer Verantwortung bekannt. Man werde nun sehen müssen, ob sie Wort halte. Etwaige Versäumnisse, etwa beim Umgang mit der Erkrankung des Copiloten, spielten allenfalls noch am Rande eine Rolle, so Wellens.

Kein "emotionaler Schadenersatz" in Deutschland

Bezüglich einer möglichen Klage vor US-Gerichten sagte Giemulla, das deutsche Recht sehe einen "emotionalen Schadenersatz" eigentlich nicht vor. Falls die Lufthansa sich hier nicht kompromissbereit zeige, seien seine Mandanten deshalb gezwungen, "sich unter den Schutz einer fremden Rechtsordnung zu stellen".

Die US-Justiz werde sich ohnehin mit dem Absturz befassen, da es auch US-amerikanische Opfer gibt, sagte Giemulla. Nach der amerikanischen Rechtstradition sei es in solchen Fällen möglich, auch die Fälle von Bürgern anderer Nationalitäten zu verhandeln – besonders dann, wenn die Abweichungen in der Rechtsordnung groß seien. Ob dies geschehe, liege allerdings im Ermessen des Richters.

Dobrindt gegen Stigmatisierung

Knapp vier Wochen nach dem Absturz des Flugzeugs haben Helfer nach Behördenangaben alle Wrackteile geborgen. Die Lufthansa hatte eine Spezialfirma mit den Aufräumarbeiten beauftragt. Die Überreste des Flugzeugs wurden per Hubschrauber abtransportiert und werden in einer Halle in Seyne-les-Alpes gelagert, bis die Staatsanwaltschaft sie freigibt. Als Nächstes steht die Reinigung des zerklüfteten Absturzortes von möglichen Schadstoffen wie Kerosin an.

Unterdessen sprach sich der deutsche Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gegen ein Berufsverbot für depressive Piloten aus. "Ein höheres Risiko wäre es doch, wenn Anreize gesetzt werden, Depressionen zu verheimlichen", sagte er dem "Tagesspiegel". Depressionen seien "heute eine weitverbreitete Krankheit, die in den meisten Fällen gut heilbar ist. Deshalb sollten wir Betroffene ermutigen, sich dem Arzt gegenüber zu öffnen." Auch die ärztliche Schweigepflicht auszusetzen hält Dobrindt für keine gute Idee.

Die Germanwings-Maschine zerschellte am 24. März in den französischen Alpen. 150 Menschen starben. Der Copilot wird verdächtigt, das Flugzeug bewusst zum Absturz gebracht zu haben. Der Mann hatte laut Ermittlern 2009 eine schwere Depression und war suizidgefährdet. Er unterbrach damals seine Pilotenausbildung. Die Depression galt schließlich als abgeklungen, und er setzte seine Ausbildung fort. Danach wurde ihm mehrmals volle Flugtauglichkeit attestiert. (APA/dpa, 20.4.2015)