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Foto: APA/Hochmuth

Wien - Als Entschuldigung wollte Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) sein abschwächendes Statement zur Lehrerdebatte partout nicht verstanden wissen. Es sei eine "Klarstellung", ein "Zurechtrücken", sagte Häupl am Samstag beim 70. Wiener Landesparteitag im Messezentrum - und als er die Bühne zum zweiten Mal an diesem Tag erklomm, sprach er es auch dezidiert aus: "Es ist keine Entschuldigung."

Davor, bei seiner einstündigen Rede vor den rund 1000 sozialdemokratischen Delegierten, hörte sich das aber wie eine an. "Liebe Lehrer, ich habe nicht euch gemeint", sagte das Stadtoberhaupt zu seinem markigen Sager zur Erhöhung der Lehrerarbeitszeit ("Wenn ich 22 Stunden in der Woche arbeite, bin ich Dienstagmittag fertig"), den er Anfang vergangener Woche losgelassen hatte. Damit hatte Häupl viele Lehrer gegen sich aufgebracht.

"Die Falschen fühlen sich betroffen. Es ist mir außerordentlich ferngelegen, jemanden zu kränken", sagte Häupl, selbst Spross einer Lehrerfamilie, am Samstag. Die Kritik habe Häupl an jene Spezies Lehrervertreter gerichtet, "die zu allem, was man vorschlägt, Nein sagen". Beamtengewerkschaftschef Fritz Neugebauer, nicht zufällig von der ÖVP, nannte er namentlich und bezeichnete ihn als "Mr. Njet".

Lehrer könnten mitmarschieren

Die Delegierten waren von Häupls Statement sichtlich angetan, die Lehrer unter ihnen zeigten sich versöhnt. Der Zentralverein der Wiener LehrerInnen könne seine Boykottankündigung, nicht am 1. Mai mitzumarschieren, wieder rückgängig machen, kündigte ein Mitglied an. Nur vereinzelt zeigten sich Lehrervertreter "entsetzt".

Bei der Wiederwahl Häupls als Wiener SPÖ-Chef machte sich dieser vereinzelte Unmut nicht bemerkbar: Häupl wurde mit 95,8 Prozent der 877 gültigen Stimmen in seinem Amt bestätigt. Beim Jubiläumsparteitag schnitt Häupl damit besser ab als bei den vergangenen, alle zwei Jahre stattfindenden Abstimmungen: 2013 votierten 92,7 Prozent für Häupl, 2011 waren es 89,2 Prozent. An die Ergebnisse direkt vor den Wien-Wahlen 2005 und 2010 kam Häupl aber nicht mehr heran: 2005 erreichte er 97,9 Prozent Zustimmung unter den Delegierten, 2009 waren es 98,1 Prozent.

Der SPÖ-Chef geht - in seinem 21. Jahr als Bürgermeister - also gestärkt in den Wahlkampf für die Wien-Wahlen am 11. Oktober. Die Debatte um die Erhöhung der Lehrverpflichtung um zwei Wochenstunden überstand er innerparteilich praktisch schadlos. Diese Tatsache ist auch an politischen Mitbewerbern nicht spurlos vorübergegangen: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kann sich ebenfalls eine höhere Lehrverpflichtung vorstellen.

Als möglichen Koalitionspartner lehnt Häupl die FPÖ freilich weiter konsequent ab. Die Freiheitlichen seien "zum Vergessen", sagte er am Parteitag zu den Genossen. Auch eine Zusammenarbeit mit der ÖVP sei nicht das Gelbe vom Ei - und verwies darauf, dass sich die Schwarzen für die Privatisierung von Gemeindebauten und der Wasserversorgung ausgesprochen hatten. Die Neos würden eine "lupenreine neoliberalistische Politik" betreiben.

Mit Samthandschuhen

Bleiben die Grünen, die Häupl diesmal mit Samthandschuhen anfasste. In der bisherigen viereinhalbjährigen Zusammenarbeit sei "vieles gut gelungen", resümierte Häupl. Den koalitionsinternen Krach rund um die Wahlrechtsreform und um den Wechsel des grünen Mandatars Senol Akkiliç zu den Sozialdemokraten wischte er beiseite. "Ich gehe davon aus, dass wir die Regierungsperiode in sachlicher Art beenden können."

Entgegen aktuellen Umfragen, die die SPÖ unter 40 Prozent sehen, steuert Häupl - auch mithilfe des bestehenden mehrheitsfreundlichen Wahlrechts - weiter die Wiedererlangung der absoluten Mandatsmehrheit an. Diese sei nötig, um eine "Notariatsaktkoalition" aus FPÖ, Grünen und ÖVP zu verhindern. (David Krutzler, DER STANDARD, 20.4.2015)