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Ivica Dacic (li.) und Hashim Thaci bei einem Treffen mit Catherine Ashton im Jahr 2013. Das aktuell im Raum stehende Treffen sorgt für Diskussionen.

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Das Erste, das vielen Serben zu Hashim Thaçi einfällt, ist: Kriegsverbrecher, Serbenmörder, Mafiaboss. Nun sollte aber der aktuelle kosovarische Außenminister und vormalige Ministerpräsident nach Belgrad kommen, um am 24. April an der Konferenz "EU-Integration des Westbalkans: Wir können es besser zusammen" teilzunehmen. Vorerst sagte Thaçi seine Teilnahme zu, denn "das wäre eine positive Botschaft für den Kosovo und für Serbien; für die Versöhnung der zwei Völker, den Frieden, die Stabilität und die regionale Zusammenarbeit".

Doch in Belgrad sieht man das anders: In Serbien ist immer noch ein Haftbefehl für den ehemaligen Kommandanten der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK in Kraft, und zwar wegen Mordes, ethnischer Säuberungen, Terrorismus und Organhandel. Sollte der von der serbischen Justiz in Abwesenheit zu zehn Jahren Haft verurteilte Thaçi den serbischen Behörden zugänglich sein, würde man ihn sofort verhaften, bestätigten sowohl der Sonderstaatsanwalt für Kriegsverbrechen als auch der Innenminister Serbiens.

Aus Mangel an Beweisen

Interpol hatte den von Belgrad ausgeschriebenen internationalen Haftbefehl vor Jahren aufgehoben. Die Ermittlungen des UN-Tribunals für Kriegsverbrechen gegen Thaçi wurden wegen Mangels an Beweisen eingestellt.

In Thaçis Bereitschaft, an der umstrittenen Westbalkan-Konferenz unter den gegebenen Umständen teilzunehmen, erkennen serbische Spitzenpolitiker keinen guten Willen, sondern eine bewusste "Provokation", denn er habe die serbischen Behörden darüber überhaupt nicht informiert. Das sagte auch Außenminister und Vizepremier Ivica Dačić – und fügte hinzu, dass Serbien ohnehin keinen kosovarischen Außenminister empfangen könne, weil es die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkenne.

Nach den Luftangriffen der Nato auf Serbien und Montenegro 1999 schrieb die serbische Justiz Haftbefehle gegen mehrere westliche Regierungschefs aus, die später aufgehoben wurden. Unter ihnen war auch der ehemalige britische Premierminister Tony Blair, einer der Hauptbefürworter des Nato-Einsatzes; er berät heute mit seiner Beratungsfirma Tony Blair Associates die Regierung Serbiens.

Vorerst Treffen in Brüssel

Von der serbischen Nichtregierungsorganisation "Jugendausschuss für Ausbildung", die die ganze Aufregung auslöste, hatte zuvor kaum jemand gehört. Die Westbalkan-Konferenz, zu der Vertreter aus Serbien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und dem Kosovo eingeladen wurden, wird von der britischen Botschaft in Belgrad unterstützt. Die beiden Außenminister Dačić und Thaçi werden jedenfalls morgen, Dienstag, den Dialog zwischen Belgrad und Prishtina über die Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen in Brüssel fortsetzen. (Andrej Ivanji aus Belgrad, DER STANDARD, 19.4.2015)