Lopper 2011 zum STANDARD: "Mein Sekretariat hatte 45 Quadratmeter, dort hatte sich alles abgespielt."

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... und 1937 als Spieler des SC Hakoah Wien (Zweiter von links stehend).

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Wien - Wie kein anderer konnte Norbert Lopper Anekdoten über die Wiener Austria erzählen, sein Gedächtnis spielte ihm bis ins hohe Alter keinen Streich. Ergebnisse, Jahreszahlen, Spielernamen - er hat alles parat. Der ehemalige Klubsekretär war ein Netzwerker der alten Schule, immer am Laufenden, die Sportzeitungen Kicker und Équipe lagen stets auf seinem Schreibtisch. "Ich hatte nur das Telefon und eine Schreibmaschine. Mein Sekretariat hatte 45 Quadratmeter, dort hatte sich alles abgespielt. Unsere Möglichkeiten waren begrenzt, die Erfolge in den Sechzigern und Siebzigern dennoch sehr groß", sagte er einst zum Standard.

Ein Kind aus der Brigittenau

Lopper wurde 1919 in der Wiener Brigittenau in eine jüdische Familie geboren. Seine Eltern waren mäßig religiös und arm, der Junge ein Schlüsselkind, dessen erste große Liebe dem Fetzenlaberl galt. Er lernte es im Augarten kennen und kickte kurz darauf bei der Hakoah.

Im März 1938 floh Lopper nach Belgien und ehelichte Rebecca Cige. Kurz nach der Hochzeit wurde das Paar 1942 in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, sie wurde in der Gaskammer ermordet, er überlebte. Seiner Mutter konnte Lopper kurz vor der Selektion durch Lagerarzt Josef Mengele das Leben retten. Für die Schwester, den Vater und die Schwiegereltern gab es kein Entkommen.

28 Jahre Klubsekretär

Lopper kehrte nach der Befreiung durch die Alliierten nach Brüssel zurück. Eine weitere Karriere als Fußballer scheiterte an den Folgen der erduldeten Folter, dem Sport blieb er treu. Zunächst organisierte Lopper Gastspiele der Wiener Teams, 1953 folgte er den überlebenden Angehörigen nach Wien und gründete dort den ersten Anhängerklub der Austria, zu deren Klubsekretär er drei Jahre später ernannt wurde, ein Amt, das er 28 Jahre lang bekleiden sollte.

Die Arbeit Loppers ging weit über jene eines Sekretärs hinaus, heute würden sie ihn einen Sportdirektor nennen. Mit Geschick lotste er die Uruguayer Alberto Martínez und Julio Morales nach Wien. Die Austria des Europacupfinales 1978 war auch sein Produkt. In Loppers Amtszeit holte die Austria zehn Meister- und neun Cup-Titel.

Der auffällige Prohaska

In die Ära des Klubsekretärs fiel auch die Verpflichtung von Herbert Prohaska. Bei Ostbahn XI war ihm der Dribblanski aufgefallen. "Schon als er 15 Jahre alt war, konnte man seine außergewöhnlichen Fähigkeiten erkennen. Natürlich hat man sich als Verein sofort dafür interessiert. Zum ersten Gespräch kam es in der Kantine einer Kfz-Werkstätte", erzählte Lopper über Prohaska. Die Verbindung sollte erhalten bleiben, auch zu Loppers 95. Geburtstag traf man sich.

Im Juni 2014 erschien die von Johann Skocek verfasste Biographie "Fußballer, KZ-Häftling, Weltbürger", Lopper kam zur Lesung in die Generali-Arena. Am Samstag ist er im 96. Lebensjahr im Kreise seiner Familie in Wien verstorben. (Philip Bauer, derStandard.at, 18.4.2015)