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FN-Spitzenkandidatin Marion Maréchal-Le Pen.

Foto: Reuters / CHARLES PLATIAU

Wenn zwei sich streiten, freut sich die dritte Generation. Das Politbüro des rechtsradikalen Front National (FN) hat am Freitag die erst 25-jährige Marion Maréchal-Le Pen zur Spitzenkandidatin im Großraum Provence-Alpes-Côte d'Azur bei den Regionalwahlen Ende 2015 bestimmt.

Ihr Großvater, der FN-Gründer Jean-Marie Le Pen, verzichtete schließlich auf eine eigene Kandidatur, nachdem er die Gaskammern des Zweiten Weltkrieges jüngst erneut als historisches "Detail" bezeichnet hatte. Seine eigene Tochter, FN-Präsidentin Marine Len Pen, hatte seine Regionalwahlkandidatur darauf als inopportun bezeichnet. Die Kandidatur von Marion Maréchal-Le Pen setzte sich schließlich von selbst durch, da auch der alte Parteikämpfer Bruno Gollnisch seine Ambitionen zurückzog.

"Die Bestie ist robust"

Ihr Großvater liegt derweil im Krankenhaus. Er leide unter einem "kleinen Herzproblem", sagte er Bekannten am Telefon, um beruhigend anzufügen: "Die Bestie ist robust." Laut dem Pariser Internetportal LeLab ist der 86-jährige Familienpatriarch jedoch "geistig und körperlich erschöpft". Der Machtkampf und Kursstreit innerhalb der Familie Le Pen ist daher nur vertagt. Ende des Monats will Parteichefin Marine bei einer nächsten Sitzung auch über Disziplinarmaßnahmen gegen ihren Vater befinden. Dies könnte etwa deswegen nötig werden, weil Jean-Marie mit seinen Aussagen ihre Präsidentschaftspläne durchkreuzt. Zuerst darf sich der Angezählte aber wieder aufrappeln.

Bewusstes Schweigen

Die Politbürositzung verlief daher für FN-Verhältnisse geradezu einträchtig, zumal Maréchal-Le Pen als Kompromissfigur gilt. Sie hatte zum Machtkampf zwischen ihrer Tante und ihrem Großvater bewusst geschwiegen. Sie ist ihm affektiv verbunden, ihrer Tante steht sie stilistisch näher – rassistische Sprüche hört man nicht von ihr. In der Partei ist "Marion" sehr beliebt, da sie – auch wirtschaftspolitisch – rechtere Positionen vertritt als die Parteichefin, die sich betont protektionistisch gibt. Damit punktet sie gerade in den Stammlanden des FN in Südfrankreich, wo viele ältere FN-Anhänger leben – Pensionisten, Algerienrückkehrer, Gegner der Immigration.

Marine Le Pen, die ihre persönlichen Bastionen eher im industriell versehrten Norden des Landes hat, braucht ihre Nichte vorerst noch nicht zu fürchten. Deshalb dürfte die Arbeitsteilung bis nach den Präsidentschaftswahlen 2017 gut funktionieren. Langfristig dürfte die Le-Pen-Dynastie aber auf einen neuen Familienclash zusteuern – diesmal zwischen zwei Frauen. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 18.4.2015)