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Die schillernde Welt des FC Bayern München steht nimmer lang. Jetzt sitzt ja schon Uli Hoeneß im Knast, und da knickt noch eine weitere Säule des mit Superlativen gar nicht ausreichend zu benennenden Kickerklubs ein: Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt geht nach fast 40 Jahren im Streit.

Für viele tritt damit das schier Unvorstellbare ein: Niemals mehr wird, wenn ein verletzter Bayern-Spieler auf dem Rasen liegt, der Mann mit der markanten und seit Jahrzehnten gleichen Wallemähne zu ihm hinrasen und ihm seine heilenden Hände auflegen. "Doktor Mull" wird er genannt oder "Bayern-Doc". 72 Jahre ist er jetzt alt, aber von Weitem sieht er immer noch aus wie ein Medizinstudent. Wie ein solcher mag er sich - unfreiwillig allerdings - in letzter Zeit neben Trainer Pep Guardiola vorgekommen sein.

Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, der Mann mit dem doppelten Doppelnamen, stammt aus einer ostfriesischen Pastorenfamilie. Schon kurz nach dem Medizinstudium und der Fachausbildung zum Orthopäden kann der Leichtathlet sein Interesse für Sport und Medizin verbinden. Von 1975 bis 1977 ist er Arzt beim Fußballerstligisten Hertha BSC. Dann wechselt er nach München und wird Vereinsarzt beim FC Bayern. Dort wirkte er bis jetzt - mit Ausnahme der Zeit von November 2008 bis April 2009. Damals trainierte Jürgen Klinsmann die Bayern. 1996 übernahm Müller-Wohlfahrt auch noch die Betreuung der deutschen Nationalelf.

Bekannt ist er für seine diagnostischen Fähigkeiten. Er sei der Mann mit den "Radarfingern", hat Lothar Matthäus einmal über den Vater seiner Kurzzeitliebe Maren gesagt.

Der Arzt selbst beschreibt seine fühlerischen Fähigkeiten so: "Ich tauche quasi in den Muskel ein, finde mich in der Anatomie zurecht und kann ertasten, ob es Unregelmäßigkeiten gibt." 35.000 Muskelverletzungen hat er nach eigenen Angaben diagnostiziert, diese seien alle in seinem Gedächtnis gespeichert. Das helfe auch auf dem Spielfeld, auf dem es ja keine Geräte gebe.

Die hat Müller-Wohlfahrt alle in seiner 1600 Quadratmeter großen Praxis in der Münchner Innenstadt, wo sich regelmäßig Prominente aus Sport und Showbusiness behandeln lassen. Dass Müller-Wohlfahrt bei dieser Karriere und diesem Umfeld mitsamt seiner Frau Karin und den beiden Kindern Kilian und Maren zu einem Darling der Münchner Society wurde, versteht sich von selbst. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 18.4.2015)