Wien - Die ORF-Journalisten fordern mehr Transparenz bei den geplanten Strukturreformen des öffentlich-rechtlichen Senders und warnen vor parteipolitischen Personalbestellungen sowie einem zentralen Informationsdirektor. Das geplante Frühstücksfernsehen aus den Landesstudios halten die ORF-Journalisten für "problematisch". Der Redakteursausschuss des ORF hat dazu am Freitag eine Resolution beschlossen.

"Heute wurden erstmals die ORF-Redakteurssprecherinnen und -sprecher von Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz über die Grundzüge einer neuen Führungsstruktur informiert", teilten die Redakteurssprecher mit. "Doch diese Struktur wirft eine ganze Reihe von Fragen auf: Nach den Plänen des Generaldirektors soll in der künftigen Geschäftsführung ein Informations-Direktor ('Head of Info') eingeführt werden. Diese Funktion soll die Berichterstattung in allen ORF-Medien verantworten: Radio, TV, Online und Teletext. Der 'Head of Info' ist dann der direkte Vorgesetzte der Channel-Chefredakteure und der multi-medialen Ressortleiter. Diese Konstruktion widerspricht allerdings der notwendigen Trennung von Geschäftsführung und der tagesaktuellen Leitung von Redaktionen und wäre damit so etwas wie ein Über-Chefredakteur, mit direktem Zugriff auf die Berichterstattung auf allen Kanälen", kritisiert der Redakteursausschuss.

Kein Aushungern einzelner Sender

Unklar sei auch, wer künftig die Personal- und Budget-Hoheit hat, und ob diese Verantwortung bei den jeweiligen "Kanälen" liege, oder ob es eine zentrale Steuerung der Ressourcen gebe. "Es darf jedenfalls nicht dazu kommen, dass einzelne Sender oder Sendungen personell und finanziell ausgehungert werden." Die Einführung der neuen Struktur mit multimedialen Ressortleitern und Chef-Redakteuren vor Fertigstellung des neuen multimedialen Newsrooms halten die ORF-Journalisten "für nicht praktikabel".

Darüber hinaus dürfe es bei den Umstrukturierung "keinesfalls darum gehen, rechtzeitig vor der nächsten GD-Wahl im Sommer 2016 den politischen Parteien ein entsprechendes 'Personalpaket' anbieten zu können. Die ORF-Journalisten lehnen jede Form von politischen Tauschgeschäften im Zuge der GD-Wahl ab."

Pläne für Frühstücksfernsehen problematisch

Reserviert fiel auch die Reaktion auf das geplante Frühstücksfernsehen aus, das spätestens ab Frühjahr 2016 unter Federführung der ORF-Landesstudios in der Zeitzone zwischen 6.00 und 9.00 Uhr gesendet werden soll. "Nach dem jahrelangen Ausdünnen der Landesstudio-Redaktionen halten wir diesen Plan für problematisch. Ein vom ORF angebotenes Früh-TV Programm muss qualitativ hochwertig sein und den journalistischen Standards eines öffentlich-rechtlichen Senders entsprechen."

Die konkreten per Resolution verabschiedeten Forderungen der ORF-Journalisten: "Völlige Transparenz bei Struktur- und Personalfragen. Wir fordern eine genaue Stellenbeschreibung für jede einzelne der neuen Funktionen. Keine parteipolitischen Bestellungen und Absprachen bei der Besetzung von Führungskräften. Echte Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte wie sie zwar im ORF-Gesetz und dem Redakteursstatut vorgesehen sind, in der Praxis aber von der Geschäftsführung ignoriert werden. Als Grundsatz im multimedialen Newsroom: Eine Person darf nicht über alle wesentlichen Inhalte in der gesamten ORF-Berichterstattung bestimmen." (APA, 17.4.2015)