Der Audi RS3 Sportback ist Renn- und Alltagssportler.

Der weiße Rauch, der aus den vorderen Radkästen aufsteigt, ist nicht weniger als ein Schulterklopfen. Die letzten Turns hier auf der Rundstrecke von Vallelunga, unweit von Rom, dürften so schlecht nicht gewesen sein. Es gibt eine Reihe von Indizien, die den Schluss der akzeptablen Rundenzeit nahelegen. Der Rauch, der von den Keramikbremsscheiben aufsteigt, ist da nur die letzte Bestätigung, dass die spät gewählten Bremspunkte dem Audi RS3 Sportback gut gepasst haben. Dann waren da noch die großen Augen an den Bremspunkten, die als Beweis herhalten, das brachiale Grölen des Fünfzylinders, das Tänzeln des ganzen Wagens auf der Bremse, im Kurvenscheitel und am Kurvenausgang. Zuletzt natürlich zählt aber nur ein einziges Indiz, die zitternden Hände beim Aussteigen.

Foto: Audi

Audi sagt zwar, dass sie die Optik des RS3 Sportback mit Blades, ausgestellten Radkästen und einer breiteren Spur so verändert haben, dass man ihm das sportliche Potenzial ansieht - aber eigentlich schaut er doch noch ziemlich zivil und brav aus. Für 367 PS zumindest. Für 465 Newtonmeter Drehmoment, die schon ab knapp über 1500 Touren anliegen. Und für das, was der RS3 Sportback auf der Rennstrecke kann.

Das Styling passt also doch eher zu dem, was der Wagen auf der Straße kann. Etwa 1120 Liter Gepäck mit bis zu 280 km/h bewegen. Oder der Familie beweisen, dass es nicht nur sinnlos ist, in etwas mehr als vier Sekunden von null auf 100 km/h zu beschleunigen, sondern auch extrem kurzweilig.

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Im Grunde, verspricht der Normzyklus, könnte man den RS3 Sportback mit 8,1 Liter Sprit 100 Kilometer weit fahren. Doch wer unter zehn Liter Verbrauch bleibt, der hat das falsche Auto gekauft - oder Helium im Schuh.

Wer über den "drive select"-Schalter den Modus "comfort" wählt, hat den RS3 nicht verstanden, wird von Audi aber perfekt bedient. Das an sich knochentrockene Fahrwerk, das uns auf der Rennstrecke gerade noch die Freudentränen in die hervorgetretenen Augen getrieben hat, sänftet auf einmal vor sich hin. Der traumhafte Fünfzylinder hält sich komplett im Hintergrund und schnurrt sanft wie eine Katze. Die Auspuffklappen der optionalen Sportbrüllanlage geben sich dezent, halten jeden derben Kraftausdruck zurück. Nur eines trübt das Bild des biederen Familien-Kompakten. Selbst im Feng-Shui-Modus fährt sich dieser Audi beeindruckend. Was für ein Spagat.

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Innen ist er geräumig oder bietet mit den Schalensitzen richtig guten Halt. Er ist sparsam oder rennstrecke. Er ist komfortabel oder fünfzylinderquattro. Hart einlenken und schwer einschenken versus viel verstauen und dabei noch gut ausschauen.

Obwohl, mit der Schönheit ist es so eine Sache. Denn selbst wenn "der Kurze", der Urquattro, nicht der schönste Wagen seiner Zeit war, wurde er zur Legende.

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Das kann sich der Chef der quattro GmbH, Heinz Hollerwerger, vom neuen RS3 Sportback auch vorstellen. Ganz glauben konnten wir ihm das Legendenpotenzial des aktuellen RS3 aber nicht. Bis zu dem Moment, in dem wir zitternd in der Boxengasse standen und stolz den Rauch aus den Radkästen aufsogen. (Guido Gluschitsch, DER STANDARD, 17.4.2015)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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