1984 trat Renault mit dem Espace den Minivantrend los, heute wollen alle nur mehr SUV. Geschickt trimmt Renault den Neuen optisch in diese Richtung

Start und Ziel am Militärflughafen Nîmes-Garons; im Interieur "Zitate aus dem Flugzeugbau"; angepeilte 70 Prozent Eroberungskundschaft: Eindeutig, der neue Espace hat einen Kampfauftrag. Und er hat es schwerer als alle vier Generationen vor ihm, die seit 1984 rund 1,25-Millionen-fach durch die Summe der Eigenschaften zu überzeugen verstanden. Zwischen dem Auftreten des Vorgängers (2002) und heute nämlich starteten die SUVs voll durch und verdräng(t)en zusehends die früher so beliebten Vans.

Foto: Renault

2002 und 2015? Richtig, da liegt ein gutes Dutzend Jahre dazwischen. Wie man hört, war längst ein Nachfolger fix und fertig, mit Schiebetüren und im klassischen Van-Look, doch dann zog Renault die Notbremse. Zurück an den Start. Macht ihn flacher, trimmt ihn ein bisserl auf Sports Utility Vehicle (SUV), stellt ihn kostengünstig auf eine gemeinsame technische Architektur mit Nissan (Qashqai, X-Trail). Ja, und da steht er nun endlich, der neue Espace, den man folgerichtig als Sports Utility Van bezeichnen könnte.

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Mogelpackung insofern, als Allrad nicht vorgesehen ist, jedenfalls nicht beim Antrieb, sondern nur bei der Lenkung (Hinterräder lenken mit), ansonsten aber einfach ein tolles Auto, rundum gelungen und auch gleich das elitärste Fahrzeug, das man derzeit aus Frankreich kriegen kann.

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Elegante Außenerscheinung, markantes Familiengesicht, mit 4,86 Meter ist er exakt so lang wie der bisherige Grand Espace (der künftig entfällt), und innen drin herrscht weitgehend knopferlfreie Zone: Ähnlich wie Tesla und Volvo (XC90) installiert Renault als Steuereinheit ein 8,7-Zoll-Tablet, anders als Volvo gibt es zusätzlich noch einen Dreh-drück-Bedienknopf mit wenigen Funktionstasten. Hat man sich erst einmal eingearbeitet, geht alles kinderleicht von der Hand. Vermutlich.

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Man kann sogar die Sitze einzeln umploppen lassen per Anwahl am Touchscreen (von hinten im Kofferraum geht das auch). Da der Wagen aber 71 mm flacher als bisher ist, reduzierte sich der (immer noch äußerst üppige) Kofferraum. Bei der Interieurgestaltung spielen die Franzosen ihre Stärken aus, das hat Stil, Charme, Geschmack auf ganz hohem Niveau, da herrscht "Raffinesse à la française" (Renault), da lässt es sich schwelgen, da wird Aussteigen zum Akt der Überwindung.

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Abgespeckt hat der Espace um gleich 250 Kilo, daraus resultiert einerseits eine neue Leichtigkeit der Fortbewegung, andererseits kommt man auch mit den drei 1,6-Liter-Motoren gut zurecht, dem 200-PS-Benziner spendierte man obendrein ein neues 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe von Getrag. Die Papierwerte beim Verbrauch (4,4 l / 100 km beim 130-PS-Diesel, 6,2 l beim Otto) sind in der Realität aber kaum annähernd einlösbar, das ist die Crux vieler Downsizingmotoren. Für Hybrid sieht man keine Notwendigkeit, da der Espace hauptsächlich im diesellastigen Europa verkauft wird.

Eine aktive Federung gibt es auch, sie ist sogar Serie in der Topausstattung, da hantelt man sich dann durch fünf Modi durch, je nach Lust, Laune und Kampfauftrag. Reisen wie die Champions. (Andreas Stockinger, DER STANDARD, 17.4.2015)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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