Ein Leben aus (Selbst-)Bildern, Texten und O-Tönen: Kurt Cobain im Dokumentarfilm "Cobain: Montage of Heck".

Foto: Poolinale/Universal

Wien - Wie kann man sich noch ein Bild von jemandem machen, der als populäre Ikone gilt? Die engsten Angehörigen von Kurt Cobain wandten sich vor einigen Jahren an den US-Dokumentaristen Brett Morgen und räumten ihm uneingeschränkten Zugang zur kreativen Hinterlassenschaft des Nirvana-Frontmanns ein, der sich 1994 das Leben genommen hat.

Aus diesen Homemovies, Fotos, Zeichnungen, Comics, Audiokassetten und Notizen Cobains wird in Montage of Heck nun dessen Vita (re-)konstruiert, mit Schwerpunkt auf die Vorgeschichte und die Anfänge der Band.

Das Material ist unglaublich reichhaltig, leider bearbeitet der Regisseur es aber mit allerhand Animationskunstgriffen und stellt es in einen Interpretationszusammenhang, der dann doch wieder dem Populärmythos vom geschundenen Genie recht ähnlich sieht. Dabei wären die Selbstzeugnisse an sich interessanter. Und im Kontrast zu den (erfreulich sparsam eingebauten) neuen Interviews ergeben sich auch so produktive Irritationen. Etwa wenn Nirvana-Bassist Krist Novoselic auftaucht, heute ein Mann von 49, mit angegrautem, schütterem Haar - und man dann seinen Freund Kurt sieht, wie er für immer jung bleiben wird.

Den 1959 in Edinburgh geborenen Edwyn Collins kann man dagegen getrost als Überlebenden bezeichnen: Anfang der 1980er produzierte er mit seiner Band Orange Juice bis heute gültige Indie-Hits wie Rip It Up. Die Solonummer A Girl Like You sorgte später weltweit für noch größeres Aufsehen.

2005 erlitt Collins zwei Schlaganfälle, der Dokumentarfilm The Possibilities Are Endless von James Hall und Edward Lovelace beginnt an diesem Punkt (die anfangs beliebig wirkenden Naturaufnahmen bekommen später noch ihren Sinn). In den Schilderungen von Collins und seiner Frau Grace verdichtet sich das Bild von einem, der sich zurück ins Leben und die Sprache arbeitet - Archivmaterial fungiert buchstäblich als Erinnerungsersatz.

Spurensuche

Die Poolinale zeigt bis 19. April noch weitere Porträts, unter anderem den Dokumentarfilm Heaven Adores You, der sich auf Spurensuche nach Singer-Songwriter Elliott Smith (1969-2003) begibt, oder als Reprise 20.000 Days on Earth mit und über Nick Cave. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 17.4.2015)