Brüssel - Österreich liegt laut einer Bewertung der Organisation Transparency International im EU-weiten Vergleich im oberen Mittelfeld bei der Kontrolle von Lobbying. Nach einer am Mittwoch in Brüssel vorgestellten Studie kommt Österreich unter 19 untersuchten EU-Staaten in der Gesamtbewertung auf Rang vier hinter Slowenien, Litauen und Großbritannien.

Generell stellte Transparency International große Defizite der EU-Staaten fest. Im Durchschnitt kamen die 19 EU-Länder nur auf einen Wert von 31 Prozent im Vergleich zu internationalen Lobby-Standards und den besten Praktiken, erklärte Transparency. Untersucht wurden die Kriterien Transparenz von Lobbying-Aktivitäten, Integrität und ethische Leitlinien für Regierungsbeamte und Lobbyisten sowie der gleichwertige Zugang verschiedener Interessengruppen zum Entscheidungsprozess.

"Große wirtschaftliche Entscheidungen"

Slowenien liegt mit einem Gesamt-Score von 55 Prozent an der Spitze, für Österreich weist Transparency International 40 Prozent aus. Zypern und Ungarn sind mit 14 Prozent Schlusslichter. Auch Deutschland steht mit 23 Prozent nach der Bewertung von Transparency nicht viel besser da als etwa Spanien (21 Prozent) oder Italien (20 Prozent).

"In den vergangenen fünf Jahren haben Europas Leader schwierige wirtschaftliche Entscheidungen getroffen, die große Konsequenzen für die Bürger hatten", sagte Elena Panfilova, die Vizepräsidentin von Transparency International. "Diese Bürger müssen wissen, dass die Entscheidungsträger im öffentlichen Interesse gehandelt haben, nicht im Interesse einiger ausgewählter Akteure."

Große Unterschiede bei EU-Institutionen

Bewertet wurden von der Organisation auch die EU-Institutionen. Am besten schneidet die Europäische Kommission mit 53 Prozent ab, gefolgt vom Europaparlament (37 Prozent) und dem Rat (19 Prozent).

Transparency beklagt, dass kein europäisches Land und keine EU-Institution angemessene Regeln für Jobwechsel vom öffentlichen Bereich in die Privatwirtschaft hat. Für Parlamentarier gebe es fast keine Einschränkungen oder verbindliche Auszeiten vor einem Wechsel. In Portugal seien 54 Prozent aller Kabinettsposten von Bankern besetzt. In Frankreich dürften Abgeordnete sogar neben ihrer parlamentarischen Tätigkeit Lobbying- und Beratungsdienste ausführen, ähnlich sei die Lage in Portugal und Spanien.

Die Organisation fordert daher umfassende Lobby-Gesetze, verbindliche Lobby-Register, sogenannte "legislative Fußabdrücke", aus denen der Kontakt mit Lobbyisten in der Gesetzgebung hervorgeht, sowie ein Mindestmaß an Cooling-off-Zeiten vor Jobwechseln vom offiziellen Amtsträgern in die Privatwirtschaft. In der EU gibt es seit 2011 ein freiwilliges Transparenzregister, in dem bisher 8.370 Organisationen eingetragen sind. (APA, 15.4.2015)