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70 Jahre Sozialdemokratie und Wahlkampf im Wiener Rathaus. "Hausherr" Michael Häupl nutzte den SPÖ-Festtag gleich, um im geschichtsträchtigen Roten Salon gegen den politischen Gegener zu wettern.

Foto: APA/Techt

Wien - In feierlicher Laune zeigten sich am Dienstag Bundeskanzler Werner Faymann und Bürgermeister Michael Häupl (beide SPÖ) im Roten Salon des Wiener Rathauses. 70 Jahre sind seit der Wiedergründung der Partei vergangen. Dies zu würdigen stand auf der Agenda. Eingangs schüttelte Häupl den anwesenden Journalisten die Hände, was einige Zeit beanspruchte. Faymann, der gleich direkt zum Rednerpult geschritten war, stand derweil für Fotos zur Verfügung.

Den Roten Salon haben die Sozialdemokraten nicht zufällig für die Pressekonferenz gewählt. Hier hatten sich vor 70 Jahren die Vertreter der Sozialdemokraten und der Revolutionären Sozialisten getroffen, um "erfolgreich die unterschiedlichen Kulturen zu einer einheitlichen Partei zusammenzuführen", führte Häupl aus. Faymann sprach von 70 Jahren "Erfolgsgeschichte" der Sozialdemokratie, die einerseits geprägt war vom Wiederaufbau nach dem Krieg und von der Errichtung des Wohlfahrtsstaates.

Leistungen und die Vision

Österreich biete soziale Leistungen, wie dies nur wenige Staaten auf der Welt könnten. Und: Die Frage der Verteilungsgerechtigkeit werde auch in den nächsten Jahrzehnten eine Kernfrage der Sozialdemokratie bleiben, sagte Faymann.

Häupl ergänzte, dass man noch immer in einem der wohlhabendsten Länder lebe. Immerhin gebe es die zweitniedrigste Arbeitslosenquote in der EU, und auch Wien stehe im Vergleich europäischer Metropolen am Arbeitsmarkt gut da. Die Wiener würden aber nicht im Vergleich, sondern in ihrer biografischen Erfahrung leben. Deshalb sei es der SPÖ auch in wirtschaftlich kritischen Zeiten ein Anliegen, die individuelle Vision der Menschen aufrechtzuerhalten, wonach es den Kindern einmal besser gehen solle. Denn: "Armut frisst Demokratie."

"Extrem erbärmlich"

Schließlich wechselte Häupl vom feierlichen Pathos in den Wahlkampfmodus. Aussagen des Vorsitzenden des Universitätsrats an der Med-Uni-Wien, Erhard Busek, bezeichnete Häupl als "extrem erbärmlich": Der frühere Vizekanzler hatte beklagt, dass bei der Suche nach einem neuen Rektor für einen Kandidaten mit dem Argument, dieser sei ein Freund des Bürgermeisters, geworben worden sei. Für Häupl geht es dabei einzig darum, den Kandidaten, Michael Stampfer, Chef des Wiener Technologiefonds, zu desavouieren. Busek hatte außerdem kritisiert, dass auf dem Grundstück des AKH eine Privatklinik gebaut werden soll, obwohl man den Platz für Uni-eigene Einrichtungen brauchte. Busek unterstellte der SPÖ indirekt, solch ein Projekt zu verfolgen, um die Mehrheitsverhältnisse im Bezirk umzudrehen. Häupl dazu: Wer glaube, mit Sozialwohnungen Wahlergebnisse umdrehen zu können, sei "wirklich von vorgestern".

Harsche Worte hatte Häupl auch für die Lehrer übrig, deren Unterrichtszeit von 20 auf 22 Stunden erhöht werden könnte: "Wenn ich 22 Stunden in der Woche arbeite, bin ich Dienstagmittag fertig."


Beitrag der Zeit im Bild mit Häupl-Sager

(Katrin Burgstaller, DER STANDARD, 15.4.2015)