Wien – Im Zuge der Strafrechts-Reform wird auch die Untreue-Regelung präzisiert. SPÖ und ÖVP bringen gemeinsam einen Antrag ein, um klarzustellen, dass nur "unvertretbare" Manager-Entscheidungen strafbar sind, nicht aber "redliches wirtschaftliches Scheitern". Die Justizsprecher Michaela Steinacker (ÖVP) und Hannes Jarolim (SPÖ) hoffen auf möglichst breite Zustimmung.

Eine Präzisierung hält Strafrechts-Professor Helmut Fuchs auch für die im Entwurf des Justizministeriums enthaltene neue Strafregelung zur sexuellen Selbstbestimmung – Schlagwort "Pograpschen" – für geboten. Die Formulierung zu ändern, können sich Jarolim und Steinacker vorstellen – und sie luden Fuchs in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag "herzlich" ein, daran mitzuarbeiten. Aber beide halten es prinzipiell für notwendig, sexuelle Übergriffe umfassender zu bestrafen.

Entscheidungen sollen nicht verzögert werden

Mitgearbeitet hat Fuchs an der neuen Untreue-Regelung, die Jarolim und Steinacker bei der Nationalratssitzung nächste Woche einbringen. In dem von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) vorgelegten Entwurf für die große StGB-Reform ist die von der Wirtschaft seit langem verlangte Präzisierung noch nicht enthalten, weil die Expertengruppe aus Zeitgründen nicht mehr dazukam.

Die Unternehmen haben das Problem, dass Vorstände oder Geschäftsführer wichtige Entscheidungen nicht oder verzögert – unter Einholung vieler Gutachten und sonstiger Absicherungen – treffen, weil sie fürchten, bei Misserfolg wegen Untreue bestraft zu werden. Verschärft wird dieses Problem, so Jarolim, durch eine "Regelungsflut an überbordenden" Compliance-Regelungen, mit denen zivilrechtlich vorgegeben wird, was Manager nicht dürfen. In den aktuell ökonomisch harten Zeiten hat das zu vielen Ermittlungen und Strafverfahren rund um wirtschaftliches Scheitern geführt. Häufig stellt erst der Oberste Gerichtshof (OGH) klar, dass keine Untreue vorliegt – dies aber in oft nicht ganz einfach verständlichen Urteilen, wie Fuchs anmerkte.

Prozesse verhindern

Diese Rechtsprechung soll nun im Gesetz verankert werden, um langwierige Prozesse zu verhindern und Managern die Angst vor Entscheidungen zu nehmen. "Grundsätzliches redliches wirtschaftliches Scheitern darf nicht strafbar sein", nannte Steinacker als Tenor. Strafbar sollen, so Fuchs, nur mehr wirtschaftliche Entscheidungen sein, "die kein vernünftiger Mensch so treffen würde".

Laut Par. 153 Strafgesetzbuch muss mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten (bzw. bis zu zehn Jahren bei einem Schaden über 500.000 Euro) rechnen, wer die Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch den anderen am Vermögen schädigt. Dazu soll mit dem SP-VP-Antrag präzisiert werden: Die Befugnis missbraucht, "wer in unvertretbarer Weise" gegen interne Regelungen verstößt – und kein Missbrauch liegt vor, wenn der "Machtgeber" (also Eigentümer) zugestimmt hat.

Begutachtungsfrist bis Ende April

Auch im Zivilrecht wollen Jarolim und Steinacker für "Klarheit und Sicherheit" sorgen. Eine "Business Judgement Rule" im Aktien- und GesmbH-Gesetz soll vorgeben, wie ein Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer richtig handelt: Nämlich "wenn er sich bei unternehmerischen Entscheidungen nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln".

Steinacker und Jarolim stellen ihren Antrag, wie die gesamte StGB-Reform, bis Ende April zur Begutachtung. Für Juni kündigte Steinacker die Beratung im Justizausschuss und voraussichtlich ein weiteres Experten-Hearing an. Den Entwurf Brandstetters für die große StGB-Reform begrüßten beide Justizsprecher - und sie lobten ebenso wie Fuchs die breite Diskussion mit Parlamentariern, Experten und Praktikern. (APA, 14.4.2015)