Wien - Exotendasein hat Vor- und Nachteile. Nehmen wir den Infiniti Q70 2,2d. Ein Auto, das man nicht an jeder Ecke sieht. So ungewohnt, dass es den Blick magisch auf sich zieht, ja, was hamma denn da? Eine Limo, die im 4,98-Meter-Format auf standesgemäß oberklassig macht und so versucht, im Revier der etablierten Nobelmarken auf Beutefang zu gehen. Sucht man nach Individualisierung im Straßenbild, hier wäre man an einer richtigen Stelle.

foto: stockinger

Wie aber sieht's mit Wiederverkaufswert aus? Hm. Wie mit Händlernetz? Hmm. Da gibt's in Österreich lediglich eine Adresse: Infiniti Wien in Brunn am Gebirge. Und damit zum Fahrzeug selbst. Der Q70 ist geprägt durch barocke Formensprache, da ist viel Schwingung, viel konvex-konkaves Wogen im Blech, und auch innen huldigt man dem Schwung, der Rundung.

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Wer sich mit Mercedes, BMW, Audi, Jaguar, Lexus messen will, muss technisch, bei der Anmutung und im Gesamtpaket einiges bieten können. Sehen wir uns also das Interieur an. Leder, so weit das Auge schweift. Alufassungen für Zierflächen im Klavierlacklook. Enorm viel Platz. Angenehmes Gestühl. Mit einem Wort: Hier ist gut sein, kann der Nobel-Nissan schon mal punkten.

Beim Infotainmentsystem trifft das nicht ganz so zu. Für sich betrachtet ist es zwar auf der Höhe der Zeit, im konkreten Vergleich hinsichtlich Menüführung und Bedienfreundlichkeit aber nicht gleich auf mit - sagen wir: BMW.

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Angedeutet ist zwar auch hier eine Trennung zwischen Bedien- und Sichteinheit, der Dreh-Drück-Knopf und die Funktionstasten befinden sich aber ergonomisch nicht ganz so optimal in der Mittelkonsole, knapp unterm Display. Welches obendrein als Touchscreen bedienbar ist, wozu man sich aber schon ordentlich vorbeugen muss. Die Redundanz erklärt sich eventuell aus den unterschiedlichen Benutzerpräferenzen in Japan (Touchscreen), den USA (Hauptmarkt; Mix aus Touchscreen und Dreh-Drück) und Europa (Dreh-Drück-Welt).

An Sicherheits-Assistenzsystemen ist übrigens alles an Bord bzw. in der Aufpreisliste, was Sinn macht und das Herz begehrt.

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Wie der Q70 aussieht, solide, seriös, repräsentativ, so fährt er sich auch. Straff ausgelegtes, durchaus komfortables Fahrwerk (manche bekommen das jedoch geschmeidiger hin), passend abgestimmte Lenkung, und apropos: Deren Einschlag könnte besser sein. 2,2d steht für einen Selbstzünder, wie die 7-Gang-Automatik beigesteuert von Kooperationspartner Mercedes. Er geht staatstragend zu Werke, 170 PS sind absolut ausreichend und die 7,3 l / 100 km Testverbrauch angesichts eines so großen Wagens angemessen.

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Auch von den Dimensionen her positioniert sich der Q70 weit oben. Klar, der Typ ist auf USA und China zugeschnitten, dort spielt für Infiniti bekanntlich die Musik - er darf aber ruhig auch in Europa ein paar Neukunden ködern. Mit Kombi ginge das noch besser. Gibt's aber nicht.

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Die Limousine für sich betrachtet ist eine interessante Alternative, keine Frage. Nicht geschenkt, aber anders als alle anderen.

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Mit 4800 Infinitis verdoppelte sich 2014 der Westeuropa-Absatz beinahe. Der repräsentative Q70 wird ein bisserl was drauflegen. Richtig Stückzahl bringen dann aber erst die kompakten Q30 und QX30. (Andreas Stockinger, DER STANDARD, 10.4.2015)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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