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Zwei Stunden mehr pro Woche in der Klasse: Die Regierung überlegt eine höhere Lehrerverpflichtung, um Budgetlöcher zu stopfen.

Foto: apa/dpa/Heiko Wolfraum

So sieht es heute in vielen österreichischen Schulklassen aus: Mehr als die Hälfte des Pflichtschulunterrichts wird durch Disziplinprobleme durchgehend gestört, sodass kaum Wissensvermittlung möglich ist (Störungsstudie 2014), Gewalt unter den Schülern ist hierzulande bis zu fünfmal häufiger als etwa in Schweden (Bullying-Studie der OECD 2015), das Lehrer-Burnout steigt unaufhörlich, und im Burgenland hat es zwischen 2008 und 2013 genau ein (!) Pädagoge bis zum gesetzlichen Pensionsalter im (früheren) "Traumberuf Lehrer" geschafft (Bundesrechnungshof 2015).

Geeignete Schulgebäude und Lehrerfortbildung

Wer trägt Schuld? Keine Einzelperson, sondern eine schicksalhafte gesellschaftspolitische Entwicklung. Im Interesse des Wohlstands möglichst aller Bevölkerungsgruppen durch zwei (voll) arbeitende Elternteile versucht eine an sich wohlmeinende Bildungspolitik seit bald einem halben Jahrhundert, den Eltern nach und nach alle Verpflichtungen inklusive jener der Erziehung abzunehmen, ohne aber die zentralen Voraussetzungen dafür zu schaffen!

Dies wären geeignete Schulgebäude, in denen der durch den schulischen Aufgaben-Tsunami nötige Ganztagsunterricht auf menschenwürdige und effiziente Weise stattfinden kann. Unerlässlich gewesen wäre und ist eine zielgerichtete Aus- und Fortbildung der Lehrer, die sie befähigt, mit der extremen Unterschiedlichkeit der Schüler in Hinsicht auf deren Vorbildung, kulturelle Prägung, Herkunft, Verhalten, Disziplinnormen, Lernbereitschaft und Deutschkompetenz konstruktiv umzugehen.

Erst wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, wird wieder ein "unterrichtsfähiges Klima" in die Klassen zurückkehren. Jetzt die Unterrichtsverpflichtung der Lehrer zu erhöhen hieße, noch mehr misslingenden Unterricht in Kauf zu nehmen, was ein Verbrechen gegenüber den Schülern und Lehrern wäre und der österreichischen Schule weitere unrühmliche Positionen auf verschiedenen internationalen Negativskalen bescheren würde! Wer will das? (Ernst Smole, derStandard.at, 13.4.2015)