Wien - Für die künftige Beimischung von Ethanol beziehungsweise Biodiesel zum konventionellen Treibstoff ist morgen, Dienstag, ein Lostag. Dann steht im Umweltausschuss des EU-Parlaments die Entscheidung über die kommende Biosprit-Politik der Europäischen Union zur Abstimmung. Der aktuelle Kompromissvorschlag sieht unter anderem eine Sieben-Prozent-Begrenzung von konventionellen Agrarkraftstoffen (inklusive Energiepflanzen) vor.

"Auch wenn es nicht ideal ist, hoffen wir doch, dass der Umweltausschuss dem zustimmt," sagte Ulla Rasmussen, Mobilitätsexpertin beim Verkehrsclub Österreich (VCÖ). "Findet der Vorschlag keine Mehrheit, kommt der Beschluss des Ministerrats aus der ersten Lesung zum Tragen. Da unterliegen konventionelle Agrotreibstoffe, die aus Energiepflanzen gewonnen werden, keiner Begrenzung."

Vorschlag aus 2012

Die EU-Kommission hatte am 17. Oktober 2012 einen Gesetzesvorschlag für eine Reform der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie und der Kraftstoffqualitätsrichtlinie eingebracht. Das Ziel war, konventionelle Biokraftstoffe aus Nahrungsmitteln der sogenannten ersten Generation mit einem höheren Treibhausgasrisiko - Stichwort: indirekte Landnutzungsänderungen - zu begrenzen, um die Klimabilanz zu verbessern. Sie schlug eine Deckelung von konventionellen Biokraftstoffen auf fünf Prozent am Gesamtenergieverbrauch im Verkehrssektor vor, während das vorherige Europaparlament einen Anteil von sechs Prozent und der Europäische Rat einen Anteil von sieben Prozent beschlossen hatten. Die Positionen zwischen Ministerrat und EU-Parlament sind derzeit verhärtet. Seit 9. April liegt ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch, über den der Umweltausschuss morgen, Dienstag, befinden wird.

Elektromobilität forcieren

Zwar ist jedes EU-Mitgliedsland verpflichtet, bis zum Jahr 2020 zehn Prozent erneuerbare Energien im Verkehrssektor einzusetzen; wie dies geschieht, steht jedem Mitgliedsland aber frei. Aus dem aktuellen Biokraftstoffbericht geht hervor, das Österreich im Jahr 2013 insgesamt 6,19 Prozent des Energieverbrauchs im Verkehrssektor aus erneuerbaren Energien gedeckt hat - in erster Linie durch die Beimischung von Agrodiesel zu Diesel und von Ethanol zu Benzin. "Das Zehn-Prozent-Ziel kann aber auch durch sogenannte Advanced Biofuels oder durch Forcierung der E-Mobilität erfüllt werden," erinnert Rasmussen. auch wenn E-Mobilität im Bereich der Kfz noch eine untergeordnete Rolle spielt - im öffentlichen Verkehr sei sie seit langem schon sehr wichtig.

Doppelte Anrechenbarkeit

Außerdem: Die EU-Gesetzgebung sehe auch eine doppelte Anrechenbarkeit von Agrotreibstoffen vor, die aus Abfällen hergestellt werden. Von den knapp 217.000 Tonnen Agrodiesel, die in Österreich produziert werden, entfallen laut VCÖ 25 Prozent auf Tierfette und Altspeiseöle, die doppelt anrechenbar sind. Somit erhöhe sich der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor von 10,69 Prozent auf 11,24 Prozent. Österreich habe damit die Zielvorgabe für das Jahr 2020 bereits erreicht, eine Ausdehnung der Verwendung von Agrotreibstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen sei somit nicht mehr nötig. (Günther Strobl, derStandard.at, 13.4.2015)