Stilisierte Umsetzung unsterblicher Liebesfragen.

Foto: Kaufmann

Linz - In ihrem Lied Believe fragt Gesamtkunstwerk Cher nach Essenziellem: "Do you believe in life after love?" Tja. Es wird auf jeden Fall schwierig danach. Deswegen enden Opern ja auch gern mit dem Tod eines Liebespartners: Wer will schon die ehealltäglichen Streitereien in musiktheatralischer Umsetzung erleben?

Auch in Kaija Saariahos Oper L'amour de loin stirbt am Ende der Liebende, kurz nachdem er das Objekt seiner Anbetung erstmals zu Gesicht bekommen hat. Zuvor hat Jaufré Rudel, Prinz von Blaye, seine Geliebte Clémence, die Gräfin von Tripoli, ja nur aus der Ferne angebetet und mit seinen schönsten Liedern besungen.

Doch ein Pilger stellt eine Verbindung her zwischen Clémence und dem Troubadour. Der Prinz bricht zu seiner Gräfin auf, aber der Wechsel von der hehren Minne zur körperlichen Liebe bekommt ihm nicht: Schwerkrank erreicht er Tripoli und stirbt in den Armen von Clémence. 2000 wurde L' amour de loin bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt, nun ist die Gérard Mortier gewidmete Oper Teil des abwechslungsreichen Spielplans des Landestheaters Linz. Mehr von atmosphärischer als dramatischer Qualität, schafft die Musik reiche, weite Klangflächen voll dunkler Melancholie, aber auch der glitzernden Zauberklänge.

Daniela Kurz (Inszenierung, Choreografie, Bühnen- und Kostümbild) hat dazu ein bezauberndes Bühnenbild aus Kurven und Geraden kreiert: Geometrie wird zu Poesie. Ein riesiger roter Mond bescheint das Erdenrund und schräge Stege. Weiß (für Rudel), Schwarz (die Gräfin) und Rot (der Pilger) teilen sich erst die Szene, am Ende gewinnt das brennende Rot der körperlichen Liebe Überhand. Tänzer doppeln die Protagonisten, stellen die inneren Qualen dar. Traumhaft schön. Gesetzt den Fall, man hätte noch nie eine Inszenierung von Robert Wilson gesehen: Genau so würde man sich so eine vorstellen.

Die Partien der Sänger sind von langen Kantilenen dominiert, Martin Achrainer singt den Troubadour mit ebenmäßigem Bariton, Martha Hirschmann gibt den Pilger mit rundem, glänzendem Mezzo. Und Gotho Griesmeier ist eine Gräfin von adeliger Sprödheit. Der im Orchestergraben platzierte Chor gibt dramatische, mystische Inputs, das Bruckner Orchester setzt unter Takeshi Moriuchi die Partitur sicher um.

Lohnt also die Anbetung aus der Ferne? Zumindest ist sie die enttäuschungsfreiste Liebesform. Eigentlich sei sie gar nicht so toll, so die Gräfin "Ich bin nur schön im Spiegel deiner Worte." Aus dem Satz soll jemand für Cher einen Hitsong basteln. (Stefan Ender, DER STANDARD, 13.4.2015)