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Steffen Hofmann möchte selbst bestimmen, wann seine Karriere vorbei ist.

Foto: apa/pfarrhofer

Wien - Steffen Hofmann weiß nicht, was seine rechte Wade vorhat. Seit drei Wochen zwickt sie, im Training hat Rapids Kapitän einen Schlag abbekommen, ein Muskel geht seither auf, zu, auf, zu. Zur Beruhigung: Das linke Wadl ist ein Traum. Am Sonntag steigt im Happel-Stadion der Schlager gegen Meister Red Bull Salzburg, knapp 30.000 Zuschauer werden erwartet. Hofmann hat vor, an diesem Ereignis von Anfang an mit beiden Beinen teilzuhaben. Zuletzt ist er nur zu kürzeren Einsätzen gekommen, er sieht das pragmatisch: "Besser, du bewirkst eine halbe oder Dreiviertelstunde etwas, als du schleppst dich über die gesamte Spielzeit auf dem Platz herum."

Im September wird Hofmann 35 Jahre alt. "Ich weiß, dass ich es immer noch kann, die Regeneration dauert halt länger." Er sieht sich nicht als Teilzeitprofi. "Ziel ist es, wieder voll fit zu sein." Kommt Regisseur Hofmann ins Spiel, bewegt er einiges. Trainer Zoran Barisic sagt: "Er bringt Kultur aufs Feld, wir brauchen ihn dringend." Das war in Wiener Neustadt so. Als Hofmann kurz vor der Pause eingewechselt wurde, gerieten die bis dahin stockenden Kombinationen in Fluss - Endstand 1:0. Beim 4:1 gegen den WAC war es genauso, dank Hofmann hat Rapid richtigen Fußball gespielt. "Wenn das andere so sehen, freut es mich. Ich selbst will mich nicht loben. Ich war noch nie goschert. Und dabei bleibt es."

Gekommen, um zu bleiben

2002 ist er aus Deutschland gekommen und geblieben. Mit einer kurzen Unterbrechung, das erste Halbjahr 2006 hat er bei 1860 München verbracht. Hofmann schlug damals ein nahezu unverschämtes Angebot von Red Bull Salzburg aus. "Das war ein No Go. Als Kapitän von Rapid geht das nicht. Das war keine Angst vor den möglichen Anfeindungen durch die Fans, sondern eine Selbstverständlichkeit." Mittlerweile hat er 454 Pflichtspiele für Rapid absolviert (zwei Meistertitel), der 500er sollte sich ausgehen. "Natürlich macht man sich Gedanken über das Ende der Karriere. Aber ich sehe es gelassen. Meine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist Rapid."

Der Vertrag als Spieler gilt bis Sommer 2016, da wird in Hütteldorf das neue Allianz-Stadion aufgesperrt. Hofmann sagt, "dass ich es als Fußballer betreten möchte." Danach könne er sich einen Job im Management vorstellen. "Sponsorenbetreuung wäre nicht uninteressant, es wird sich etwas Vernünftiges ergeben."

Für Barisic ist sein Kapitän "der Leithammel. Es wird schwierig, ihn einmal zu ersetzen. Es müssen mehrere Spieler seine Aufgaben aufteilen. Wann es so weit ist, weiß ich nicht, ich bin ja kein Hellseher." Hofmann bestimmt nach Absprache mit Barisic selbst, ob er spielt. Im Profigeschäft sei kein Platz für falschen Ehrgeiz. "Früher habe ich es vielleicht verpasst, Verletzungen auszukurieren. Im Alter wird man vernünftiger. Ich laufe ein, sofern ich das Gefühl habe, helfen zu können." Rapid stellt eine sehr junge Mannschaft, Hofmann ist in dieser Art Kindergarten trotzdem kein Außenseiter, kein einsamer Wolf. "Im Gegenteil. Es ist nicht so, dass die Jungen nur mit riesigen Kopfhörern daherkommen. Es gibt eine Gesprächskultur." Hofmann sagt, Rapid befinde sich auf einem guten Weg, die Mannschaft entwickle sich stetig. "Natürlich gibt es immer wieder Umfaller, aber die Richtung stimmt."

Angriffsfußball

Hofmann genießt die Spitzenspiele. Dazu zählt er die Derbys gegen die Austria, die Partien gegen Sturm Graz "und natürlich die Vergleiche mit Salzburg. Das wird am Sonntag sicher ein hochklassiges Spiel, da treffen zwei Teams aufeinander, die angreifen." Sollte Rapid gewinnen, wäre der Rückstand auf drei Punkte geschmolzen. Da Hofmann nicht goschert ist, sagt er: "Salzburg bleibt in jedem Fall Meisterfavorit."

Er selbst, der dreifache Familienvater, hat gelernt, den Alltag zu meistern. Als nahezu ewiger Profi in der österreichischen Bundesliga weiß er, "dass du nach Grödig oder sonst wohin fahren musst. Die Stadien sind oft leer. Trotzdem musst du das verdrängen, das Beste geben."

Dass ihn die Fans "Fußballgott" heißen, rührt ihn, wobei er das Wort Gott als übertrieben empfindet. Hofmann wird am Sonntag erst kurz vor Anpfiff (18 Uhr) wissen, "ob ich beginne. Es hängt von der Wade ab." Den Zeitpunkt des Abtritts kennt er nicht. "Ich höre auf, bevor es lächerlich wird. Rapid hat es vor mir gegeben, Rapid wird es nach mir geben." (Christian Hackl, DER STANDARD, 11.4.2015)