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Mama und Papa war einmal. Bis Jahresende muss die Regierung laut Höchstgericht Diskriminierungen im Adoptionsrecht beseitigen. Auch 40 andere Ungleichbehandlungen knöpft man sich vor.

Foto: APA/Roland Schlager

Wien - Die Überschrift ist nicht bei allen gut angekommen. "VP-Khol für vollständige Gleichstellung mit der Ehe", schrieb das Rechtskomitee Lambda - ein Verein, der sich für die Rechte von Schwulen, Lesben und Transgenderpersonen einsetzt - in einer Aussendung.

Gemeint war Seniorenbundchef Andreas Khol, ranghohes Mitglied der ÖVP. Und dieser ist bislang nicht durch besondere Liberalität aufgefallen. Dem Standard erklärt er, Lambda habe ein vertrauliches Treffen nicht ganz präzise wiedergegeben und: "Die Überschrift ist überhaupt falsch." Deshalb noch einmal Khols Sicht der Dinge, von ihm präzisiert: Ja, es gebe noch immer "angeblich 40 rechtliche Ungleichbehandlungen" im Vergleich zur Ehe. Diese seien "teils unsinnig", teils Schlamperei, man müsse sich das "im Detail ansehen" (siehe Wissen). Außerdem: "Ja, ich bin dafür, dass auf dem Standesamt verpartnert werden kann - das wurde ja auch von der ÖVP versprochen." Das Justizministerium arbeite da "leider langsam", dafür aber "genau".

Groß und aufwendig

Im Ressort von Wolfgang Brandstetter gibt man sich hingegen umtriebig: Die Tilgung von Vorstrafen aufgrund des aufgehobenen "Homosexuellen-Paragrafen" sei Teil des Strafrechtsänderungspakets - das ist derzeit in Begutachtung. Kritikern (darunter Khol) reicht das nicht. Man fordert eine Aufhebung der Verurteilungen.

Das ist aber nur ein Teil eines Gesamtpakets, an dem gleich sieben Ministerien plus Bundeskanzleramt arbeiten. "Es wird etwas kommen", heißt es überall auf Nachfrage. Offen bleibt das Wann. Und da verweist ein Ressort auf das andere. Es seien so viele verschiedene Bereiche betroffen, was einen Zeitrahmen schwierig mache. Nur am Arbeitsaufwand scheitert es aber nicht. Gleichzeitig braucht es innerhalb der ÖVP eine Entscheidung, wie mit den neuen, teilweise höchstgerichtlich forcierten, Umgebungsbedingungen umzugehen ist. Bis vor kurzem kam etwa von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner noch ein "klares Nein" zur Adoption fremder Kinder durch homosexuelle Paare. Ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs später lautet das neue Wording: "Selbstverständlich sind VfGH-Urteile ernst zu nehmen und fristgerecht umzusetzen." Bis Jahresende hat der Justizminister Zeit.

Verzögerungen

Das von Mikl-Leitner angekündigte neue Personenstandsgesetz, das eine Verpartnerung auf dem Standesamt regeln soll, lässt auf sich warten. Erst müsste das seit Ende 2014 neue Zentrale Personenstandsregister funktionieren, müssten die Daten aller Standesämter in ein System gespielt werden. Das in Aussicht gestellte erste Quartal 2015 ist einstweilen verstrichen. Ähnlich geht es Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ): Noch im März wollte er den Entwurf zur Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes im Ministerrat einbringen. Das ist sich nicht ausgegangen. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner bremst, verweist auf "laufende Gespräche".

Für Lambda-Sprecher Helmut Graupner alles "retro". Wolle man echte Gleichbehandlung, gehe es um die Öffnung der Ehe, wie in den meisten westeuropäischen Ländern. Um es der ÖVP zu erleichtern, zitiert Graupner den britischen Premier David Cameron. Dieser hatte bei der ersten Homo-Eheschließung auf der Insel gemeint, diese stehe für die stolze Tradition von "Respekt, Toleranz und Gleichwertigkeit". Graupner: "Vielleicht ist die ÖVP nicht konservativ genug?" (Karin Riss, DER STANDARD, 11.4.2015)