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Papst Franziskus und Außenminister Sebastian Kurz.

Foto: APA/APA/AUSSENMINISTERIUM/DRAGAN TATIC

Wenn einer aufgeatmet haben muss, als Ostern vorüber war, dann war es der Papst. Danach kam nur noch der Besuch des österreichischen Außenministers, aber nach dieser Aufregung genießt er jetzt hoffentlich ein paar Tage Ruhe und Entspannung, in denen er nachlesen kann, wie er heuer in österreichischen Medien weggekommen ist. Und man muss sagen - er kann zufrieden sein. "Österreich" zum Beispiel berichtete, in gewohnter Nüchternheit "Franziskus ist wie ein Wunder", verließ sich dabei aber nicht auf eine redaktionelle Recherche, sondern auf einen Papst-Experten. Das Wunder stößt aber an seine Grenzen, hieß es doch darunter etwas detaillierter: Papst Franziskus wird weltweit fast wie ein Popstar gefeiert. Auch nicht schlecht, aber eben nur fast.

Noch keinem Papst sind die Herzen so zugeflogen wie diesem: 72 Prozent der Österreicher sind mit dem 78-Jährigen zufrieden, weltweit hat der Papst beinahe Popstar-Status erreicht. Was der Papstexperte, der für "Österreich" analysierte, darauf zurückführte: "Er hat Menschlichkeit in den kalten Vatikan gebracht", und wenn es um Menschlichkeit geht, sind die Österreicher bekanntlich nicht zu halten. Das gilt auch für den besagten Papst-Experten Andreas Englisch. Mit seiner Äußerung zum "würdevollen" Schlagen von Kindern habe sich der Papst verquatscht, beziehungsweise ist ins Fettnäpfchen getreten, aber: Mir ist ein Papst, der manchmal Unsinn redet, jedenfalls lieber als einer, der nur auf seinem Thron sitzt und schweigt. Jedenfalls solange er sich nicht ex cathedra verquatscht.

Leider gab es in derselben Ausgabe auch eine traurige Botschaft zu vermelden: Papst denkt an den Rücktritt. Wenn Papst Franziskus in Österreich mit Top-Werten dasteht, muss ihn "Österreich" schon daran erinnern: Die Welt braucht diesen Papst, weshalb auch nur der Gedanke an Rücktritt natürlich keine gute Nachricht ist. Denn im Vatikan sind immer noch revisionistische Kräfte aktiv, die nur darauf warten, die "alte Kirche" wiederherzustellen, und dafür hat ein der Zukunft zugewandtes Blatt wie "Österreich" kein Verständnis. Es steht zu hoffen, dass es Papst Franziskus in seinem Amt noch möglichst lange aushält.

Das wird dem alten Herrn gutgetan haben. Ein wenig gerissen hat es ihn vielleicht bei der Lektüre von "News" derselben Woche, wo auf dem Cover die Aufklärung der Frage versprochen wurde: Was den Klassenkämpfer Gottes antreibt. Nun hat der Klassenkämpfer Gottes nichts zu verlieren als seinen Nimbus fast Popstar, aber noch immer eine Welt zu gewinnen. Das Gewissen der Welt ist er laut "News" bereits, und das aus gutem Grund: Papst Franziskus I. wettert gegen den Turbo-Kapitalismus und die Gier nach Besitz. Warum ihn 71 Prozent der Österreicher gut finden, liegt daher auf der Hand. Dass bei ähnlicher Programmatik nur 25 Prozent der Österreicher die SPÖ gut finden, muss daran liegen, dass von ihr mehr verlangt wird, als dass sie wettert.

Auch "News" hat sich für sein Porträt des Klassenkämpfers einen Experten geholt, es hat auf seinen emeritierten Erwin-Pröll-Experten Hubert Wachter zurückgegriffen. Der brauchte nicht viel umzulernen, ging es doch nicht um würdevolles Schlagen, sondern um Weltrevolutionäres: Franziskus, der Sozialkämpfer auf dem revolutionären "Heiligen Stuhl". Ungeniert offen redet er selbst mächtigen Konzernen ins Gewissen, wettert vor allem gegen deren andauernde Restrukturierungen. Ein "Linker" auf dem Heiligen Stuhl? jagt Wachter den Leserinnen und Lesern kalte Schauer über den Rücken. Aber nur, um gleich zu beruhigen. Nicht wirklich, denn Papst Franziskus, und das macht er immer wieder klar, sind - weltlich gesehen - weder Parteien noch gegensätzliche Ideologien wichtig, sondern ausschließlich das humanitäre Wohlergehen aller Menschen. Geistlich gesehen, meint er hingegen: Die freie Marktwirtschaft tötet! Das bringt doch jede Denkfabrik ins Wackeln!

Was die Herde betrifft, war dem "Kurier" zu entnehmen: Franziskus will keine "jammernden Hirten". Keine Hirten mit saurem Gesicht und auch - was noch schlimmer ist - keine gelangweilten Hirten. Soll keiner sagen, dieser Papst stoße nur im Klassenkampf, nicht aber auch in der Kirche auf begeisterte Zustimmung. So in Leoben. Pfarrer in Ostermesse: "Ich werde heiraten", berichtete "Heute" von der Austreibung der Langeweile aus der Kirche. Im Publikum gab es Applaus und Tränen. der STANDARD berichtete schonungsvoll erst zwei Tage später. (Günter Traxler, DER STANDARD, 11./12.4.2015)