Nicht gerade passive Leser: das rumänische Künstlerpaar Dan und Lia Perjovschi. Im Bild ein Ausschnitt aus Dan Perjovschis Arbeit "I have no time for colour" (2015).

Foto: Christine König Galerie, Wien

Es ist unübersehbar, dass Dan Perjovschi gerne direkt reagiert. Das verdeutlicht sein schneller Strich mit dem Marker genauso wie die politischen Themen, die er damit kommentiert.

Seit den 1990er-Jahren dienten dem rumänischen Künstler (geb. 1961) immer wieder die leeren Wände diverser Museen (u. a. des Portikus in Frankfurt, des Moma New York oder des Macro in Rom) als Bildträger; in der Galerie König macht er nun aber auch deutlich, wieso er seine Arbeit dennoch weniger site- als zeitspezifisch sieht.

Ausgangspunkt seiner zeichnerischen Interventionen sind dort die an die Wände applizierten Schlagzeilen internationaler Tageszeitungen. Thematisch reicht das Spektrum damit von den französischen Regionalwahlen über die EU-Verhandlungen mit Griechenland, die Kriege in Syrien und der Ukraine bis hin zu den Gräueltaten, mit denen der IS fast tagtäglich die Welt schockiert.

"Don't say the F word ... FRONT" steht da beispielsweise neben einem Bild von Marine Le Pen, und die Schlagzeile "EU plan to set up migrant centres in countries outside Europe's borders" wird mit der simplen Frage "In Africa?" ad absurdum geführt.

Während er in früheren Präsentationen immer auch die Kunstwelt und das Verhältnis zwischen Ost und West reflektierte, scheinen diese für ihn lange sehr wichtigen Themen diesmal anderen Problematiken gewichen zu sein: "Maidan Mayday" steht da irgendwo zwischen den Zeilen und neben "CR ISIS" drückt Perjovschi mit ein paar ideologisch gar nicht so leicht identifizierbaren Masken seine Ratlosigkeit gegenüber dem Terror aus.

Zwischendurch kann man aufgrund seiner ebenso bissigen wie treffenden Kommentare aber auch Lachen: "Due to global warming Venice Biennial will be relocated to Stockholm", wird da etwa gescherzt, während er sich mit dem Satz "After the cold war - global warming" doch noch direkter auf seine Geschichte und die seiner Partnerin Lia Perjovschi bezieht.

Aufgewachsen unter der Diktatur von Ceau?escu, gründete Lia Perjovschi bereits 1990 das CAA (International Archive on Contemporary Art), in dem sie mit Theorie- und Kunstbüchern, aber auch mit Flyern und Ausstellungsfoldern lange verbotenes Wissen erstmals öffentlich zugänglich machte.

Dass die Wissensvermittlung seit damals ein wesentliches Anliegen von Lia Perjovschi (geb. ebenfalls 1961) geblieben ist, zeigt sich auch in der Ausstellung I have no time for colour. Versammelt ist dort eine Auswahl ihrer sogenannten Mind Maps, die zwischen 1997 und 2007 entstanden: sternförmige Diagramme, in denen sie ihr Wissen und ihre Assoziationen zu politischen Themen, künstlerischen Ideen oder auch theoretischen Fragen in Form gebracht hat. Neben dem Subjektbegriff oder den Cultural Studies galt eine der Mind Maps auch der etwas naiv klingenden Frage "Wie man als Individuum die Welt ändern kann": "Never feel powerless" empfiehlt Lia Perjovschi, die zwar auch keinen direkten Weg aus der Krise, aber mit Bezug auf derzeit brennende Themen mehr als genug gute Gründe für kollektives und individuelles politisches Handeln aufzeigt. (Christa Benzer, DER STANDARD, 11.4.2015)