Viele Opfer, die im Internet auf Betrüger hereingefallen sind, erstatten keine Anzeige. Einerseits, weil es ihnen peinlich ist, andererseits, weil sie glauben, dass es sowieso nichts bringt.

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Seit Dezember war Angelika K. ohne Erfolg auf der Suche nach einer Wohnung in Wien gewesen. Dann stieß sie, wie sie glaubte, auf ein Angebot auf Airbnb, einer Plattform, auf der jeder temporär seine Wohnung vermieten kann. Stattdessen landete sie aber, wie sich erst nach Standard-Recherchen herausstellte, auf der Seite eines Betrügers, die jener der Vermietungsplattform täuschend ähnlich sah.

Hier fand K. eine Wohnung, die langfristig zu mieten war: eine Wohnung mit 40 Quadratmetern, im 2. Bezirk gelegen, die monatlich 400 Euro brutto kosten sollte und als "Luxury Apartment" angepriesen wurde. "Natürlich hätten bei dem Preis alle meine Alarmglocken schrillen müssen", sagt die Pensionistin, "aber ich war zu dem Zeitpunkt schon so mürb."

Gefälschte Airbnb-Profilseite

Der "Vermieter" sei zudem äußerst seriös aufgetreten: Auf seinem (gefälschten) Profil seien sehr gute Bewertungen von Menschen aus der ganzen Welt zu finden gewesen, die angeblich in seiner Wohnung abgestiegen waren. Auch auf den Fotos habe der Mann, der eine rumänische Postadresse angibt, überaus seriös gewirkt. Der Mann benutzte eine ähnliche E-Mail-Adresse wie die Vermietungsplattform selbst und trat als offizieller Vertreter von Airbnb auf.

Airbnb-Sprecher Julian Trautwein weist darauf hin, dass auf seiner Plattform - um die Gäste vor solchen Betrügereien zu schützen - alle Zahlungen über das eigene sichere Bezahlsystem geleistet werden müssen. "Echte" Airbnb-Gastgeber erhalten dadurch das Geld erst einen Tag nach dem Check-in ihres Gastes.

Miete und Kaution im Voraus überwiesen

K. glaubte, es mit einem vertrauenswürdigen, global agierenden Unternehmen zu tun zu haben - und tappte stattdessen einem Betrüger in die Falle: Sie stieg gleich auf seinen Vorschlag ein, ihm eine Monatsmiete und die Kaution per Western Union zu überweisen. Auch einen Dauerauftrag richtete sie bei ihrer Bank sofort ein. Insgesamt überwies sie vorab mehr als 900 Euro. Seither reagiert der Mann nicht mehr auf ihre E-Mails. Die von ihm versprochenen Wohnungsschlüssel hat sie nicht erhalten. Noch immer schöpft K. aber kurz Hoffnung, wenn der Briefträger kommt.

Ihr Geld wird sie aber mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit nicht wiedersehen - das weiß Mario Hejl, Sprecher des Bundeskriminalamts, aus Erfahrung. Solche Betrügereien im Internet seien ein "alter Hut": "Wir warnen immer wieder davor." Die betrügerischen Wohnungsangebote kämen in Wellen, derzeit bemerke er aber keine Zunahme solcher Angebote.

Global agierende Täter

Das offizielle Auftreten der Betrüger überrascht Hejl nicht: Diese würden sich den technischen Gegebenheiten schnell anpassen. Sie seien intelligente Täter, zudem würden sie heute sehr viel globaler agieren als früher.

Zu Mietbetrug im Internet gibt es keine Zahlen, allgemein war die Cyber-Kriminalität 2014 aber rückläufig: Laut Zahlen des Bundeskriminalamts gab es im Vorjahr um 10,8 Prozent weniger Anzeigen, nämlich genau 8966 im Vergleich zu 10.051 Anzeigen, die es 2013 noch waren.

Hejl rät dazu, niemals Geld vorab zu überweisen, wenn damit keine Leistungen verbunden sind - schon gar nicht, wenn die Wohnung nicht besichtigt werden kann. Außerdem empfiehlt er, auf Rechtschreibung und Grammatik der angeblichen Vermieter in den E-Mails zu achten.

Keine Anzeige

Angelika K. hat mittlerweile jedenfalls Anzeige erstattet. Hoffnung, dass sie ihr Geld wieder sehen wird, hat sie nicht mehr. Am meisten ärgert sie sich über sich selbst, erzählt sie. Oft wird von Betroffenen laut Hejl keine Anzeige erstattet. Die Beträge, um die die Opfer geprellt werden, seien nämlich meist nicht in existenzbedrohenden Größenordnungen. Zudem sei es den Leuten peinlich, dass sie Betrügern auf den Leim gegangen sind. Und nicht zuletzt würden viele Opfer auch glauben, dass eine Anzeige ohnehin nichts bringt. "Bitte Anzeige erstatten", betont Hejl aber. "Denn jeder Fall ist ein weiteres kleines Puzzleteil." (Franziska Zoidl, DER STANDARD, 11.4.2015)