Bundespräsident Heinz Fischer hat sich nach längerem Nachdenkprozess entschlossen, am 9. Mai nicht an der großen Militärparade anlässlich "70 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges" in Moskau teilzunehmen.

Man darf spekulieren, ob er es im Interesse der österreichisch-russischen Beziehungen nicht doch gern getan hätte. Aber es war unmöglich. Praktisch alle westlichen Staats- und Regierungschefs verweigern sich, nach Moskau fahren nur umstrittene Persönlichkeiten: der tschechische Präsident Miloš Zeman und Griechenlands Premier Alexis Tsipras. Von den EU-Anwärtern fährt noch Serbiens Staatschef Tomislav Nikolić. Alle anderen finden es problematisch, an einer Militärparade teilzunehmen, wenn Putin in der Ostukraine einen verdeckten Krieg führt.

Die damalige Sowjetunion hat die größten Opfer bei der Niederringung Hitlerdeutschlands im Zweiten Weltkrieg erbracht: 27 Millionen Tote (Militär und Zivil). Allerdings hat der damalige Diktator Stalin den Weltkrieg erst ermöglicht, indem er mit Hitler knapp vor dessen Überfall auf Polen einen Nichtangriffspakt schloss.

Die Vertreterin Deutschlands, Angela Merkel, kommt nicht zur Militärparade, legt aber am nächsten Tag mit Putin einen Kranz am Denkmal für die sowjetisch-russischen Weltkriegsgefallenen nieder. Sie ehrt die Opfer von Hitlers Aggression, aber nicht die Aggression Putins. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 10.4.2015)