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Je mehr Tiere im Stall, desto größer die Ansteckungsgefahr.

Foto: APA/Büttner

Wien – Nimmt man eine bundesweite Stichprobe des deutschen Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) vom Jänner ernst, ist billiges Putenfleisch vom Diskonter in Deutschland oft mit Keimen belastet. In knapp 90 Prozent der Fleischstücke seien antibiotikaresistente Keime nachgewiesen worden, warnte die Naturschutzorganisation und verlangte, den Einsatz von Antibiotika in der Tiermast deutlich zu reduzieren.

Die Leiterin des Bereichs Agrarpolitik beim BUND, Reinhild Benning, nannte die deutschen (nicht repräsentativen) Studienergebnisse "schockierend, aber nicht überraschend". In der deutschen Tierhaltung würden jährlich 1.450 Tonnen Antibiotika im Wert von 800 Millionen Euro eingesetzt.

13 Prozent der in der Tierzucht verwendeten Arzneimittel sind laut einem Bericht des ORF-Radios Antibiotika. Im EU-Vergleich schneidet Österreich diesbezüglich recht gut ab. Viel mehr Antibiotika kommen demnach neben Deutschland auch in Italien und Spanien zum Einsatz. Um wie viel es genau geht, könne man nur im Überblick sagen – wie viel einzelne Betriebe verbrauchen, weiß man nicht genau. 2010 wurden dem Bericht zufolge in Österreich 62 Tonnen Antibiotika an Tierärzte verkauft, 2013 waren es 55 Tonnen.

Mengenstromanalyse für mehr Transparenz

Die Menge verkaufter Antibiotika muss seit Jahresbeginn gesetzlich verpflichtend gemeldet werden, sagt Ulrich Herzog, Leiter des Bereichs Verbrauchergesundheit und Veterinärwesen im Gesundheitsministerium, dem STANDARD. Zuständig dafür ist die Mengenstromanalyse-Verordnung. Sie soll für mehr Transparenz sorgen, indem der Verkauf der Industrie und des Großhandels dem Gesundheitsministerium gemeldet werden muss.

Bisher geschah das auf freiwilliger Basis. Im Unterschied zum Vorjahr wird jetzt auch erfasst, an welche der rund 1.600 tierärztlichen Hausapotheken entsprechende Substanzen abgegeben werden. Aufgrund der bisher vorliegenden Daten ortet Herzog auch die Bereitschaft der Landwirtschaft mitzumachen und nennt als Positivbeispiel die Geflügelwirtschaft. Hier seien schon große Mengen eingespart worden. "Sie ist besser als ihr Ruf", so Herzog. Im nächsten Jahr kommt ein weiterer Schritt dazu: Die tierärztlichen Hausapotheken müssen melden, an welche Betriebe die Medikamente abgegeben werden.

Elektronisches Stallbuch

Laut Herzog gibt es in Österreich in der Milchwirtschaft Projekte wie das elektronische Stallbuch, durch das man einen besseren Überblick haben will. Nicht so groß seien die Fortschritte in der Schweine- und Kälberzucht. Der grüne Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber warnte im ORF-Radio ohnedies vor zu großem Optimismus. Denn je intensiver die Tierhaltung sei, desto größer auch die Gefahr, dass Antibiotika zum Einsatz kommen. Und der Druck des Lebensmittelhandels auf die Betriebe sei groß. (rebu, derStandard.at, 9.4.2015)