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Jemenitische Soldaten winken zum Abschied mit chinesischen Fahnen. In Peking bejubelten Staatsmedien die Evakuierung.

Foto: APA/EPA/STRINGER

Soldaten der Volksbefreiungsarmee salutieren auf den Bildern vor der Nation, während Bürger ihnen anerkennend ihre hochgestreckten Daumen zeigen. So loben die Medien eine friedlich verlaufende Rettungsaktion ihrer Landsleuten durch Chinas Marine, die von der Propaganda nun ausgeschlachtet wird.

Drei Kriegsschiffe evakuierten Flüchtende aus dem Chaos im Jemen. Zumindest 613 Chinesen holten sie nach Hause; außerdem brachten sie 279 weitere gestrandete Ausländer aus 15 Staaten in Sicherheit. "Unser Militär wird vom Ausland oft negativ beurteilt. Doch die Ausländer, die wir jetzt mit befreiten, sehen unsere rote Fünf-Sterne-Fahne in ganz anderem Licht", schrieb die Agentur Xinhua triumphierend.

Der patriotische Stolz gilt einer Kommandoaktion, die zum Präzedenzfall dafür wird, wie Chinas Marine künftig Interessen außerhalb ihrer Grenzen schützt. Zum ersten Mal liefen Kriegsschiffe direkt in ausländische Häfen ein, um Landsleute zu evakuieren. Sie hatten weder die Genehmigung der nicht handlungsfähigen Regierung noch ein Mandat der Uno.

Nicht nur China, das jetzt Botschaft und Konsulat schloss, war betroffen: Mehr als ein Dutzend Staaten brachten massenweise Bürger in Sicherheit. Aber für Peking ist die militärische Evakuierung eine Premiere.

"Chinas Interessen schützen"

In Militärakademien wird allerdings schon länger diskutiert, wie die Marine in Konfliktfällen außerhalb Chinas Grenzen die Sicherheit von Investitionen gewährleisten kann. Auch die jüngst beim Wirtschaftsforum Boao von Staatschef Xi vorgestellte offensive Strategie von neuen Seidenstraßen über den Land- und Seeweg erweitern das Aufgabengebiet der Marine.

Chinesen und chinesische Unternehmen investieren heute überall auf der Welt. Mehr als eine Million Staatsbürger sind allein in Afrika ansässig. Xinhua veröffentlichte jetzt erstmals einen Überblick über zivile Rettungsaktionen chinesischer Staatsbürger in den vergangenen Jahren.

Nachfragen ein Tabu

Dieser liest sich wie die Aufzählung eines Problemkatalogs der Krisen vergangener Jahre: Jeweils hunderte Chinesen mussten ausgeflogen werden, als es 2006 Unruhen auf den Salomoninseln und in Osttimor gab, weitere hunderte 2007 aus dem Libanon; Über 3300 Chinesen wurden 2008 aus dem im Chaos versinkenden Thailand gerettet, ebenfalls über tausend 2010 aus Kirgistan. Im arabischen Frühling musste China im Jänner 2011 rund 1800 Bürger aus Ägypten evakuieren, bei den folgenden Kämpfen in Libyen wurden über 35.000 Chinesen in Sicherheit gebracht. Kriegsschiffe überwachten den Exodus aus der Ferne, griffen damals aber nicht ein. Drei Jahre später mussten bei neuen Unruhen in Libyen wieder fast 1200 Bürger ausgeflogen werden.

Vor allem das Chaos 2011 in Libyen machte die Rückschläge in Pekings globaler Investitionsstrategie bewusst. Sie stellten die von China bevorzugte Zusammenarbeit mit autoritär oder diktatorisch regierten, rohstoffreichen Staaten im Nahen Osten, in Zentral- und Südostasien und Afrika auf den Prüfstand.

Öffentliche Debatten darüber sind in China aber tabuisiert, ebenso wie über die künftige Rolle der Armee, wenn es um Pekings weltweite Interessen geht.

Am Dienstag feierten TV und Radio die friedlichen Evakuierungen aus dem Jemen durch die Marine als Verkörperung eines "neuen Geistes des Humanismus und Internationalismus (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, 9.4.2015).