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Der Saal für den Hypo-U-Ausschuss im Parlament.

Foto: APA/Föhringer

Der Vergleich der Finanzprobleme Österreichs mit jenen von Griechenland ist unberechtigt. Aber in einem Aspekt ähneln sich die beiden Länder: Sie versuchen beide, die Schuldfrage für ihre Schulden über parlamentarische Untersuchungsausschüsse zu klären. Während Athen seinen Ausschuss gerade beschlossen hat, nimmt der in Wien bereits seine Arbeit auf. Beide Gremien sollen sich vor allem mit den Ereignissen seit 2009 befassen.

U-Ausschüsse sind Teil eines lebendigen Parlamentarismus und deshalb grundsätzlich zu begrüßen. Aber man darf sich nicht zu viel von ihnen erwarten. Vor allem bei der Aufarbeitung der Vergangenheit sind sie eher ein Forum für parteipolitische Abrechnungen als für minutiöse Ermittlungen.

Ihre Befragungen bringen der Öffentlichkeit weniger Erkenntnisse als die Berichterstattung der Medien, die Arbeit von Untersuchungskommissionen oder die Urteile ordentlicher Gerichte. Das ist auch in Ländern mit viel U-Ausschuss-Erfahrung wie Deutschland, Großbritannien und den USA der Fall.

Tsipras will ablenken

Der politische Zweck des Athener U-Ausschusses ist offensichtlich: Die Regierung Tsipras will von den eigenen Problemen ablenken und Argumente sammeln, einen kommenden Staatsbankrott den Vorgängerregierungen in die Schuhe zu schieben. Er soll klären, warum die Staatsschulden seit 2009 so stark gestiegen sind. Dazu braucht man gute ökonomische Analysen, keine aggressiven Befragungen.

Natürlich haben Giorgos Papandreou und Antonis Samaras sowie die Übergangspremiers zwischen ihnen grobe Fehler gemacht. Aber die bestanden vor allem darin, dass sie dringend notwendige Reformen aufgeschoben haben – Reformen, die Alexis Tsipras überhaupt ablehnt.

Jagd auf die Hypo-Schuldigen

Aber was will der Hypo-Ausschuss in Wien? Er will herausfinden, wie es zur Hypo-Katastrophe kommen konnte und wen man dafür verantwortlich machen kann. Allerdings kann der offensichtlich Hauptschuldige, Jörg Haider, nicht mehr befragt werden, und zwei weitere Schlüsselfiguren, die Finanzminister Josef Pröll und Maria Fekter, sind nicht mehr im Amt und werden auch vor dem U-Ausschuss wohl nur wenig Wissenswertes ausplaudern.

Schön wäre es, Pröll das Eingeständnis herauszulocken, dass er bei der Verstaatlichung fachlich und strategisch völlig überfordert war und keine brauchbaren Berater an der Seite hatte. Vielleicht räumt Fekter ein, dass sie die Hypo-Causa aus wahltaktischen Gründen verschleppt hat und auch sonst nicht wirklich wusste, wie man eine solche komplexe Sache managt.

Aber selbst solche Einblicke würden bloß das Bild des "Multiorganversagens" bestätigen, das derzeit gerne gezeichnet wird. Und das wissen wir bereits dank des Berichts der Griss-Kommission, unzähliger Medienberichte und auch des Hypo-Buches "Akte Hypo Alpe Adria" meiner STANDARD-Kollegen Renate Graber und Andreas Schnauder.

Keine Raiffeisen-Verschwörung

Einige Details werden im Ausschuss noch dazukommen, aber die Umrisse des Skandals sind schon jetzt recht klar. Und wer sich die Aufdeckung der großen Raiffeisen-Verschwörung erwartet – demnach hat Pröll die Hypo gerettet, weil Raiffeisen sonst zu viel Geld verloren hätte, und wurde danach mit einem Job belohnt –, wird wohl enttäuscht werden. Verschwörungstheorien eignen sich auch nicht für solche Bankgeschichten.

Und wenn Ausschussvorsitzende Doris Bures im Ö1-"Morgenjournal" behauptet, der Ausschuss könne neue Erkenntnisse für eine bessere Bankenregulierung liefern, dann zeigt das, dass sie die Entwicklung der letzten Jahre verschlafen hat. Die heutige strenge Aufsicht ist mit der, unter der das Hypo-Desaster möglich wurde, nicht mehr zu vergleichen.

Machen wir uns darauf gefasst: Ein Jahr oder länger werden wir ein aufwändiges politisches Ritual erleben, an dessen Ende wir nicht klüger sind als heute – und wir auch von den Hypo-Verlusten nichts zurückgeholt haben.

Aber im Gegensatz zu Griechenland drohen Österreich in dieser Zeit weder Staatspleite noch Wirtschaftskollaps. Wir können uns das Ausschussvergnügen leisten. (Eric Frey, derStandard.at, 8.4.2015)