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Für manchen eine Vision: SPD-Chef Sigmar Gabriel (li.) präsentiert den EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz als Kanzlerkandidaten.

Foto: REUTERS/Thomas Peter

Berlin - Am Osterwochenende, als die Debatte plötzlich hochkochte, blieb SPD-Chef Sigmar Gabriel nichts mehr übrig, als ein wenig in Sarkasmus zu flüchten: "Es ist ein schöner Unterschied zur CDU, dass wir nicht nur eine Person haben, der man politische Führung zutraut" - so lautete sein Kommentar zur "K-Frage". Zur Frage also, wer von der SPD bei der Bundestagswahl 2017 Kanzlerin Angela Merkel herausfordern solle.

Eigentlich ist man sich in der SPD-Führung einig: Dies ist nichts, was zweieinhalb Jahre vor der Wahl schon dringend diskutiert werden müsste. Zumal die SPD in Umfragen nach wie vor bei mageren 25 Prozent liegt, CDU/CSU bei satten 42 Prozent.

Doch in der Partei sehen das manche anders. So erklärt SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer im aktuellen Spiegel recht deutlich seine Präferenz: "Wer einen Europawahlkampf so gut meistert wie Martin Schulz, ist auch prädestiniert für die führende Rolle in einem Bundestagswahlkampf."

Hohes Ansehen

Schäfer spricht damit aus, was viele seit geraumer Zeit hinter vorgehaltener Hand munkeln: Dass es besser wäre, nicht Parteichef Gabriel gegen Merkel antreten zu lassen, wenngleich Gabriel als Parteichef natürlich das erste Zugriffsrecht auf die Kanzlerkandidatur hätte. Schulz, Jahrgang 1955, ist seit 1974 SPD-Mitglied, seit 2012 EU-Parlamentspräsident. Mit ihm als Spitzenkandidat hat die SPD 2014 bei der EU-Wahl 27,3 Prozent erreicht. Schulz genießt in der SPD hohes Ansehen, Gabriel hingegen wird das Verharren im Umfrage-Keller angelastet.

Auch setzt er sich in den Augen vieler Genossen zu stark für das Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU und für die Vorratsdatenspeicherung ein. Vor zwei Wochen soll er bei einer Klausur in Brandenburg einigermaßen frustriert erklärt haben, Merkel werde 2017 ohnehin nicht zu schlagen sein. Das klang vielen zu sehr nach Resignation.

Nur 18 Prozent für Gabriel

Laut einer Infratest-dimap-Umfrage glauben nur 18 Prozent der Deutschen, Gabriel könnte Merkel 2017 schlagen. 40 Prozent meinen, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wäre der aussichtsreichste Herausforderer.

Der allerdings hat 2009 als SPD-Kanzlerkandidat die Wahl krachend verloren, es folgten vier Jahre Schwarz-Gelb. Das Dilemma der SPD brachte kürzlich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig unverhohlen auf den Punkt: "Vielleicht müssen wir noch eine Weile warten, bis wir wieder Autogrammkarten eines sozialdemokratischen Kanzlers verteilen können." (Birgit Baumann, DER STANDARD, 8.4.2015)