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Zellhofer: "Wir haben viele Spieler, die mehrere Positionen besetzen können. Das ist mir sehr wichtig."

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derStandard.at: Laut dem Salzburger Sportdirektor Ralf Rangnick spricht der Erfolg von Altach gegen das Niveau der Liga. Betrachten Sie diese Aussage wie Rapid-Trainer Barisic als "Respektlosigkeit"?

Zellhofer: Man darf den Inhalt nicht aus dem Kontext reißen. Rangnick hat ja auch gesagt, dass in Altach sehr gute Arbeit geleistet wird. Er meint wohl, dass so mancher Traditionsverein nicht hinter Altach liegen sollte.

derStandard.at: Wo steht es also, das Niveau der Liga?

Zellhofer: Es ist zufriedenstellend, wir sind nicht so schlecht unterwegs. Salzburg hebt sich ab, der Verein ist das Aushängeschild. Dort spielt man wirtschaftlich in einer anderen Dimension. Die anderen Klubs spüren, dass die besten Spieler in den vergangenen Jahren nach Deutschland gezogen sind.

derStandard.at: Darf man trotzdem verlangen, dass ein Verein wie die Austria immer vor Altach steht?

Zellhofer: Sieht man nur das Budget, dann schon. Zum Glück gibt es im Fußball auch andere Faktoren. Aber lassen wir die Kirche im Dorf: es ist nur eine Momentaufnahme. Von den Schulterklopfern haben wir im nächsten Jahr nichts mehr, da kann alles ganz anders aussehen.

derStandard.at: Wie lauten die Altacher Erfolgsfaktoren?

Zellhofer: Man kann so einen Verein nicht einfach auseinanderdividieren, es ist ein Zusammenspiel. Natürlich war der Aufstieg ein starker Impuls. Der Druck, gewinnen zu müssen, fällt jetzt weg. Auch das Publikum sieht lieber einen Gegner wie Rapid, es kommen wieder mehr Zuseher. Vorarlberg war hungrig nach Bundesliga-Fußball.

derStandard.at: Trainer Canadi wird von Außenstehenden als wichtiger Faktor gesehen. Was macht ihn aus?

Zellhofer: Damir Canadi hat im Amateur-Bereich viel gelernt, er hat sich dort eine Basis aufgebaut. Wir haben 2013 einen Trainer gesucht, der eine Mannschaft formen kann. Er kann es. Und er hat auch das Ziel angenommen, in der Ersten Liga Meister zu werden. Canadi hat sich mit der Mannschaft entwickelt. Eine Win-win-Situation.

derStandard.at: Wird Canadi kommende Saison noch in Altach tätig sein?

Zellhofer: Das kann man im Fußball nie wissen. Aber er kann sich in Altach einen noch besseren Namen machen, hier kann er Dinge ausprobieren. Das weiß er auch. Wir haben früh seinen Vertrag verlängert, um ihn in Ruhe arbeiten zu lassen. Am Ende hat aber jeder Trainer das Ziel, bei einem Großklub zu landen. Das ist eine ganz normale Entwicklung.

derStandard.at: Ist diese Möglichkeit des Ausprobierens der große Vorteil der kleineren Vereine?

Zellhofer: Wir sind auch in Altach erfolgsorientiert. Auch hier sollte man nicht zu oft in Folge verlieren. Aber der mediale Druck baut sich weniger rasch auf. Der Blätterwald ist ruhiger.

derStandard.at: Nehmen wir die Kaderplanung her. Wenn man die Spieler von Austria und Altach vergleicht - viel qualitativer Unterschied ist da nicht erkennbar.

Zellhofer: Das ist Ermessenssache. Wir haben bestimmt einen guten, ausgeglichenen Kader, bishin zur Nummer 18. Die Balance zwischen jungen und erfahrenen Spielern passt. Jede Position ist doppelt besetzt, der Trainer hat die Qual der Wahl.

derStandard.at: Es fällt auf, dass Altach sehr variabel spielt.

Zellhofer: Wir haben viele Spieler, die mehrere Positionen besetzen können. Das ist mir sehr wichtig. Und es lässt dem Trainer Varianten offen. Wir spielen 5-4-1, 4-3-3 oder 4-4-2, alles machbar.

derStandard.at: Kapitän Philipp Netzer hat sich in Altach prächtig entwickelt, bei der Austria kam er nicht zum Zug, einer seiner Trainer hieß Zellhofer.

Zellhofer: Ganz normal, da gibt es viele Beispiele. Seine Qualität war immer unbestritten. Wenn man aber als junger Spieler von Vorarlberg in die Hauptstadt kommt, und sich dort mit Top-Legionären und Nationalspielern messen muss, wird es eng. Dann braucht man Glück, muss verletzungsfrei bleiben und die erste Chance nutzen.

derStandard.at: Sind Sie von seiner Leistungssteigerung überrascht?

Zellhofer: Nein, null. Er hat sich hier etabliert, ist anerkannt. Er war ein schlampiges Genie, hat dumme Rote Karten kassiert. Das hat er hinter sich gelassen, jetzt ist er eine Leitfigur.

derStandard.at: Oft kommt der Absturz für den Aufsteiger in der zweiten Saison. Sehen Sie Altach davor gefeit?

Zellhofer: Ich habe keine Angst. Wenn wir unsere Hausaufgaben machen und mutig nach vorne denken, ist die Chance da, sich langfristig in der Liga festzusetzen. Ich bin jetzt seit dreißig Jahren im Geschäft, ich weiß, worauf es ankommt.

derStandard.at: Und zwar?

Zellhofer: Unter anderem auf ein ligataugliches Stadion. Das muss man hinbekommen. Für Sicherheit muss gesorgt sein, Familien müssen sich wohlfühlen, Sponsoren auch. Wir brauchen den VIP-Klub, genauso wie perfekte Trainingsbedingungen. Dann kann man auf lange Sicht die Nummer 1 in Vorarlberg sein, dann kann man hier einen Top-Verein aufbauen. Ich bin voll davon überzeugt.

derStandard.at: Ist die Unterstützung in der Region ausreichend vorhanden?

Zellhofer: Ich denke schon. Ein bisschen mehr geht noch, wir sind nicht so ein gestandener Traditionsverein. Daran müssen wir noch arbeiten. Wir können ein Aushängeschild sein und der Verein der Vorarlberger werden. Wir sind solide aufgestellt, nicht abhängig von Mäzenen. Auch für die Spieler kann Altach ein guter Boden sein.

derStandard.at: Inwiefern?

Zellhofer: Zu uns kommen Scouts aus der Schweiz, von St. Gallen oder Zürich. Auch aus Deutschland, von Freiburg oder dem Karlsruher SC. Der Weg ist nicht weit, man kann sich in die Auslage stellen.

derStandard.at: Am Mittwoch kommt Red Bull zum Cup-Viertelfinale nach Altach. Nehmen Sie nach zuletzt zwei Siegen gegen Salzburg die Favoritenrolle an?

Zellhofer: Nein, wir sind nicht Favorit (lacht). Aber Salzburg hat viele Abgänge hinter sich. Kampl, Mane, Alan – das kann man nicht von heute auf morgen kompensieren, so einfach ist das nicht. Adi Hütter macht schon gute Arbeit. (Philip Bauer, derStandard.at, 7.4.2015)