Linz/Wien - Mit einem an der Universität Linz entwickelten Sensor könnten künftig elektronische Systeme statische Gesten und Handbewegungen schnell und zuverlässig erkennen. Während herkömmliche Systeme zur Bilderkennung Millionen von Bildpunkten messen und auswerten, benötigt der neue Sensor lediglich zehn Einzelmessungen, berichten die Wissenschafter im Fachblatt "Optics Express".

Automatische Bilderkennung dringt zusehends in den Alltag - sei es die Steuerung elektronischer Geräte durch Gesten oder die Gesichtserkennung am Flughafen. In der Regel werden dazu gewöhnliche Bilder verwendet. Sie bestehen aus Millionen von Pixeln, die in aufwendigen Algorithmen verarbeitet werden.

"Der Großteil dieser Datenmenge ist vollkommen überflüssig für die Klassifikation eines Bildes", erklärte Oliver Bimber, Professor am Institut für Computergrafik der Uni Linz und Mitautor der Studie. "Unser Sensor dagegen lässt sich für bestimmte Klassifikationsaufgaben optimieren. So reicht bereits eine kleine Anzahl an Messungen, um zuverlässig das richtige Ergebnis zu liefern."

Funktionsprinzip eines Computertomografen

Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden messen die Linzer Forscher dabei keine einzelnen Bildpunkte. Ihr Sensor arbeitet vielmehr nach dem Prinzip eines Computertomografen. Dazu projizieren sie das zu analysierende Bild auf einen zweidimensionalen Lichtleiter - eine dünne, quadratische Folie - und messen die Intensitätsverteilung des Lichts mit knapp 7.000 Detektoren an dessen Rändern. Der Sensor wurde im Rahmen eines von Microsoft finanzierten Forschungsprojekts an der Uni Linz hergestellt.

Um die Leistungsfähigkeit der neuen Methode zu demonstrieren, optimierten die Forscher den Sensor auf ein spezielles Klassifikationsproblem: die Erkennung von Handzeichen. Dazu projizierten sie zunächst die Schatten von 22 verschiedenen Gesten in jeweils 300 unterschiedlichen Perspektiven und Abständen auf die Folie. Daraufhin analysierten sie die Daten, um festzustellen, welche davon zur Unterscheidung der Bilder wichtig sind, und auf welche verzichtet werden kann. So konnten sie die Anzahl der notwendigen Messungen auf lediglich zehn reduzieren.

Trefferquote von 99 Prozent

Mithilfe dieser zehn ausgewählten Detektoren konnte der Sensor nun jede der Gesten mit einer Trefferquote von 99 Prozent identifizieren. Dabei spart die geringe Anzahl von Messwerten nicht nur Zeit, sondern auch Energie, wie Bimber betont. Ein ähnliches Ergebnis wurde auch mit Handbewegungen anstelle von statischen Gesten erzielt: Zehn Messungen reichten aus, um eine Trefferquote 98 Prozent zu erreichen.

Die Forscher arbeiten bereits an einem neuen Prototypen ihres Sensors, der in Zukunft auch verschiedene Farben erkennen soll. Bimber betonte, dass Gesten- und Bewegungserkennung nur zwei Anwendungsbeispiele seien, die sich etwa als Benutzerschnittstellen beispielsweise für Tablets oder Smartphones eignen würden und dort das Potenzial hätten, Berührungssensoren abzulösen.

Breites Anwendungsspektrum

Die entwickelte Sensor-Generation sei aber für alle Arten von Klassifikations-Aufgaben optimiert und würde sich auch in den Bereichen Biometrie (z.B. Gesichts- oder Fingerabdruckerkennung), Diagnostik (z.B. in medizinischen Bildern) oder Oberflächeninspektion (z.B. Erkennen von Fehlstellen) einsetzen lassen. Mit dem entwickelten Verfahren könnten für jede Klassifikations-Anwendung die optimale Anzahl und Position der Messungen errechnet werden. (APA/red, derStandard.at, 11.4.2015)