Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA/Sebastian Kahnert

Pro
Von Andrea Schurian

Für oder gegen Aprilwetter? Was für eine philosophische Frage aber auch. Denn nicht vom wonnigen Mai oder dem wohligwarmen Juli lernen wir fürs Leben, sondern vom wetterwendischen April: Immer locker und flexibel bleiben, auch wenn es aus heiterblauem Aprilhimmel stürmt und schneit, die Frisur im Eimer ist und die Kleidung trieft. Sonne, Regen, Frühling, Sommer, Herbst und Winter - das ist April. Geburt, Krankheit, Tod, Übermut, Verzweiflung, schön, traurig, grau und kunterbunt - das ist Leben.

Gerade erst weht uns eine laue Frühlingsbrise an, frohgemut recken wir das Gesicht der Karrieresonne entgegen, wähnen uns flugs in der Erfolgsblüte des Lebens, wollen die süßen Früchte ernten - da, Donnerblitz!, rüttelt ein Sturmtief namens Gleit-, Früh- und Halbpension an Egomauern und Existenzgerüsten. Doch April! April! Unversehens kehrt die Sonne vulgo Sinn des Lebens zurück. Der April ist schön, in all seinen Höhen und Tiefen. Das Leben auch. Warum sich also gegen etwas sträuben, wogegen man sowieso nicht ankämpfen kann?

Kontra
Von Ronald Pohl

Manchmal begibt sich das Aprilwetter bereits im Februar auf die Pirsch. Es ist dann inkognito unterwegs. Es reißt unschuldige Krokusse aus dem Schlaf. Die russischen Raben stimmen krächzend erste Frühlingslieder an. Verdatterte Bären kriechen aus der Falle und kratzen sich geräuschvoll am Gesäß. Das Aprilwetter ist ein notorischer Heuchler und ganz generell charakterschwach. Seinetwegen lassen gestandene Bauern die wärmende Watte im Kasten, weil sie die Gleißnerei der Sonne für bare Münze nehmen. Sie schlüpfen in Übergangsmäntel. Wollene Kappen werden mit grandioser Geste über den Zaun geworfen. Die ganze Welt lässt sich von billigen Vorfrühlingsgefühlen übermannen. Pfui Teufel.

Zack! Eine Wolke, so groß wie das griechische Schuldenloch, gießt über alle Leichtgläubigen ihre kalten Zähren aus. Die Glatzen würdiger Ortsvorsteher werden mit Hagelkörnern traktiert. Prompt hängen Rotzglocken aus den Nasen. Sie läuten das Ende von Firn und Eis ein. Im Mai lässt der April endlich vom Tricksen und Täuschen ab.

(Rondo, DER STANDARD, 10.4.2015)