Charkiw/Donezk - Die ostukrainische Stadt Charkiw ist am Dienstag von zwei Explosionen erschüttert worden. Die erste Bombe wurde an einem Fahnenmast gezündet, wie die Behörden mitteilten. Verletzt wurde niemand, in einem angrenzenden Universitätsgebäude zerbarsten die Fenster. "Die Explosion wurde als Terroranschlag eingestuft", erklärte die Staatsanwaltschaft in Charkiw.

Der zweite Sprengsatz wurde nach Angaben des Innenministeriums an einer Bahnstrecke gezündet. Auch dort gab es keine Verletzten.

Sprengstoffanschläge

In Charkiw wurde in den vergangenen Monaten eine Reihe von Sprengstoffanschlägen auf militärische Einrichtungen verübt. Am 22. Februar wurden bei einem Bombenattentat während eines Gedenkmarsches zwei Menschen getötet. Die Demonstranten gedachten damals der proeuropäischen Proteste, die ein Jahr zuvor zum Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch geführt hatten.

Die Industriemetropole grenzt an die von prorussischen Rebellen kontrollierten Gebiete im Osten der Ukraine. In dem seit einem Jahr andauernden Konflikt zwischen Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen wurden mehr als 6.000 Menschen getötet. Seit Mitte Februar ist eine Waffenruhe in Kraft, die jedoch brüchig ist.

Gegenseitige Vorwürfe

Trotz der Waffenruhe werfen sich ukrainische Regierungstruppen und prorussische Separatisten auch im Kriegsgebiet Donbass gegenseitig Dutzende Angriffe vor. Die Aufständischen hätten ukrainische Stellungen in der Nacht mit Handfeuerwaffen und Mörsern beschossen, erklärte Militärsprecher Sergej Danilenko am Dienstag in Kiew. Zwei Soldaten seien verletzt worden. Die Separatisten in der Großstadt Donezk berichteten von Angriffen des Militärs mit Panzern und schwerer Artillerie.

Die Konfliktparteien sollen eigentlich schweres Kriegsgerät als Teil des Mitte Februar vereinbarten Friedensplans aus dem Frontgebiet abziehen. Einen vollständigen Abzug könne er aber bisher nicht bestätigen, sagte Michael Bociurkiw von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) dem Radiosender Westi. Die OSZE beobachtet die Umsetzung des Friedensplans. Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau warf der ukrainischen Führung vor, sich nicht an das Abkommen zu halten, wie die Agentur Interfax meldete.

Die Separatisten und das Militär haben auch den Austausch zahlreicher Gefangener vereinbart, der aber schleppend vorankommt. Den Aufständischen zufolge hat Kiew angeboten, 40 Männer freizulassen. Zuvor hatten die Separatisten 16 Gefangene gehen lassen. (APA, 7.4.2015)