Zürich - Das sogenannte diffuse grosszellige B-Zell-Lymphom (DLBCL) ist eine Krebserkrankung des Blutes und die häufigste bösartige Veränderung des lymphatischen Systems, die unbehandelt immer tödlich endet. Obwohl die Krankheit bösartig ist, liegt die Heilungsrate nach einer Chemotherapie in Kombination mit Antikörpern bei 60 bis 70 Prozent.
Gewisse Typen von DLBCL sprechen allerdings auf diese Standardtherapie nicht gut an, was eine sehr schlechte Prognose für die Betroffenen zur Folge hat. Die Biologie dieses Lymphomtyps war bislang noch nicht ausreichend erforscht. Deshalb mangelte es auch an zielgerichteten Therapieansätzen.
Corina Schmid und Anne Müller vom Institut für Molekulare Krebsforschung der Universität Zürich haben nun einen neuen Signalweg identifiziert, der in Lymphomzellen des DLBCL aktiv und für diese überlebenswichtig ist - und der mit bereits vorhandenen Wirkstoffen effizient attackiert werden kann.
DNA-Methylierung als entscheidender Faktor
Mit ihrem experimentellen Ansatz gingen die Forscherinnen von der Hypothese aus, dass nicht nur genetische, sondern auch epigenetische Veränderungen bei der Entstehung von Lymphomen eine wichtige Rolle spielen könnten. Daher analysierten sie über das ganze Genom die sogenannte Methylierung der DNA, eine epigenetische Veränderung, die die Aktivität vieler menschlicher Gene steuert.
Eine veränderte DNA-Methylierung ist ein häufiges Merkmal verschiedenster Tumortypen. Deshalb vermuteten die Forscherinnen, dass auch Lymphomzellen diesen regulatorischen Mechanismus zu ihrem Vorteil ausnutzen würden.
Die bioinformatische Analyse der Methylierungsprofile von rund 70 Patienten förderte acht Regionen auf der DNA, sogenannte Genloci, zutage, die allesamt abnormal hypermethyliert und für das Überleben der Zellen wichtig sind. "In weiteren Experimenten kristallisierte sich aus den acht Genloci schließlich ein Gen heraus, das in fast allen untersuchten Lymphom-Patienten aufgrund einer DNA-Methylierung blockiert ist und deshalb nicht in Protein übersetzt werden kann", fasst Studienleiterin Anne Müller die Ergebnisse zusammen.
Hemmstoffe sind wirksam
Darüber hinaus machten die Krebsforscherinnen folgende Entdeckung: Die epigenetische Stilllegung dieses Genlokus erwies sich in mehreren großen Patientenkohorten als hochgradig signifikanter, negativer prognostischer Faktor für das langfristige Überleben von DLBCL-Patienten. "Damit könnte dieser Faktor für die die Diagnose und Prognose, sowie für Therapieentscheidungen in Zukunft von Relevanz sein", sagt Müller.
Der neu identifizierte Genlokus enthält die genetische Information für ein Enzym, eine Phosphatase, die einen wichtigen Signalweg in den Lymphomzellen reguliert und offenbar für das Überleben der Tumorzellen essentiell ist. Für diesen Signalweg sind bereits Hemmstoffe in der klinischen Entwicklung. Nun konnten die beiden Wissenschaftlerinnen sowohl in Zellkulturen, als auch im Tiermodell nachweisen, dass diese auch gegenüber Lymphom-Zellen wirksam sind: Lymphome von Mäusen, die mit dem Wirkstoff behandelt wurden, wuchsen deutlich langsamer als jene von unbehandelten Mäusen.
"Interessanterweise erwiesen sich Kombinationstherapien mit anderen bereits etablierten Wirkstoffen als besonders effektiv. So könnte der neu beschriebene Signalweg ein vielversprechendes Ziel zukünftiger Krebstherapien darstellen", meint Schmid.